Heute ist der Todestag von Kaiser Wilhelm II. Am 4. Juni 1941 starb er in Haus Doorn im niederländischen Exil. Aus diesem Anlass habe ich ein Buch über sein Leben gelesen; der Autor (ein Niederländer) hat leider, was Namen und Jahreszahlen betrifft, viele Fehler gemacht (so heißt es zum Beispiel, Kaiser Wilhelm I. sei am 16. März gestorben, was, wie jeder Hohenzollernfan weiß, nicht stimmt: Es war der 9. März, ein Tag nach meinem Geburtstag, jedoch in einem anderen Jahr als meinem Geburtsjahr. Der 16. März war der Tag seiner Beisetzung. – Ein andermal wird Herbert von Bismarck Hermann von Bismarck genannt, und außerdem wurden alle Eigennamen, die Ü- oder Ö-Punkte haben, ihrer Pünktchen beraubt, so z. B. beim Grafen von Hülsen-Haeseler oder Joachim von Kürenberg. Vielleicht zog der Autor nur englische Quellen zu Rate, die auch schon die Namen verändert haben?) Da der Autor Niederländer ist, nehme ich aber an, dass er für die im Verhältnis zum Rest des Buches sehr ausführlichen Kapitel über das Leben des Kaisers in Amerongen und Doorn besser recherchiert hat und mehr Bücher in seiner Sprache verwenden konnte. Was mich gefreut hat: Er hat auch mit Zeitzeugen gesprochen, die noch den Kaiser in Doorn erlebt haben.
Außerdem hat das Buch viele Bilder, sogar mehrere, die ich noch nicht kannte, und das will bei Wilhelm-Bildern durchaus was heißen!
Wenn man sich Fotografien von Wilhelms Schreibtischen anschaut, dann sieht man eine ziemlich kleine Schreibfläche und einen großen Rest des Tisches, der mit allerlei Bildern, Gegenständen usw. vollgestellt ist. Genau wie bei mir! Da darf ich guten Gewissens das Schreibtischaufräumen noch einmal ein paar Monate verschieben.
Ich plane schon seit Längerem einen Blogartikel „Was steht auf meinem Schreibtisch“, am besten mit Bildern. (Aber nur von den Gegenständen, die dort stehen, nicht von den diversen Stapeln gelber Zettelchen.)
Außerdem habe ich schon vor einiger Zeit ein C. H. Beck-Wissen-Buch über die Karolinger gelesen, und vorgestern habe ich die 700-seitige Biographie über Benedikt XVI. von Andreas Englisch zu Ende gelesen. Beim Papsttum im MA bin ich noch nicht viel weiter, schade.
Eigentlich war mein Vorsatz für dieses Jahr, jede Woche drei Bücher zu lesen, denn ich habe einen peinlich hohen Anteil noch nicht gelesener Bücher in meinem Regal stehen. Wenn ich nun sterben würde, bevor ich die alle oder zumindest die meisten gelesen habe, wäre das ja eine furchtbare Geldverschwendung gewesen! Außerdem wäre es mir peinlich, wenn meine Verwandten später mein Regal durchgingen und zum Schluss kommen müssten, dass ich, da ich so viele unberührte Bücher besaß, wohl doch nicht so gebildet war, wie ich stets den Anschein zu erwecken trachtete. Also muss ich möglichst viele Bücher lesen, damit sich mein ausgegebenes Geld auch lohnt. Ich komme übrigens aus Oberschwaben. (Falls da noch bei jemandem Zweifel bestanden.)
In den vorhergehenden Monaten habe ich den Schnitt von 3 Büchern pro Woche sogar auf mehr als 3 Bücher heben können, aber in letzter Zeit schwächelt die Leseleistung. Zum Teil liegt das daran, dass ich viel diktiert habe und danach oft sehr müde bin, weil das ziemlich viel Konzentration erfordert. Andererseits liegt das aber auch daran, dass ich, in typischer Perfektionistenmanier, insgeheim überzeugt bin, jedes Wort, jeden Satz, jede Seite so aufmerksam lesen zu müssen, als ob mir die Sachverhalte völlig neu wären. Dabei gibt es genug Stellen, die ich auch überfliegen könne, weil ich schon in 15 anderen Büchern darüber gelesen habe. Aber ich verfalle eben immer wieder in die alte Haltung, dass ein Buch nur dann richtig gelesen ist, wenn ich Wort für Wort in meinem Kopf vor mich hingeflüstert habe. – Dem ist aber nicht so. Wer z. B. in John C. G. Röhls 3-bändiger Kaiser-Wilhelm-II.-Biographie alles über seine Geburt gelesen hat, über die Komplikationen, über die Hebamme Fräulein Stahl, über den Arzt (Doktor Martin? Ich mag jetzt nicht recherchieren), über die traurige Überzeugung des Vaters, das Kind sei schon tot, über die Hebamme, die dem Neugeborenen mit einem Handtuch kräftige Schläge versetzte, bis es wieder zu atmen und zu schreien anfing, und natürlich über Feldmarschall Wrangel und das Fenster, der kann eigentlich in jeder anderen Wilhelm-Biographie die Geburtsdarstellung überfliegen, denn etwas Neues kann er praktisch nicht mehr in Erfahrung bringen, er hat sich schließlich schon beim absoluten Experten kundig gemacht.
Effizientes Lesen ist auch Verzichten. Man sollte immer den jeweiligen Schwerpunkten des Autors die größte Aufmerksamkeit widmen, und sobald einer sein angestammtes Thema verlässt, darf man ihm nichts mehr glauben, denn es können sich allzu leicht Fehler einschleichen. Oft genug ist mir das schon in Geschichtsbüchern aufgefallen: Sobald einer sein Spezialgebiet nur um wenige Zentimeter verlässt, schießen Fehler aus dem Buch wie Unkraut aus dem Boden. (Mir fällt das freilich nur auf, weil ich es liebe, Namen, Jahreszahlen und Fakten auswendigzulernen. Ich wäre am liebsten ein Lexikon. Sobald es an Dinge wie Gewichten und Bewerten geht, bin ich überfordert. Ich lerne lieber die Reihenfolgen von Kaisern aus.) Oftmals werden Verwandtschaftsgrade verwechselt, Ordinalzahlen stimmen nicht; jeder, dessen Lieblingsthema nicht gerade Staufer oder frühe Habsburger sind, hält Konrad III. und Rudolf I. für Kaiser; Kaiser Heinrich IV. geht nach Canossa, dabei war er damals noch König; Richard Wagner wird unterstellt, seine Schwiegertochter persönlich gekannt zu haben, dabei war sie zum Zeitpunkt seines Todes noch nicht einmal auf der Welt, und vieles mehr.
Was sagt uns das alles? Wenn man sich mit Geschichte ernsthaft beschäftigen will und sich wirklich informieren möchte, muss man zu jedem Thema mindestens 3 Bücher kaufen. Wenn man nicht in die Tiefe stieg, kann man nicht mitreden.
Außerdem ist heute der Todestag von Kaiser Konrad II. (1039) Ich habe drei Biographien über ihn. Ich habe auch ein Buch über Kaiser Heinrich V., das hat, glaube ich, 40 Euro gekostet, und es hat eine Stoßecke! Die hatte es schon, als es ankam! Ich hasse Stoßecken! Deshalb habe ich es auch noch nicht gelesen; ich muss mich dann immer ärgern.
Vom Worms-Buch 3 sind bereits 16 000 Wörter ins Notebook diktiert. Für heute höre ich damit auf. Worms-Buch 3 ist ein seltsames Ding.