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Neues zu den neuen Projekten

Teil 2 der Burgund-Reihe, „Der König von Burgund und der Krieger“, erscheint demnächst. Zur Feier der Veröffentlichung gibt es für Band 1 eine kleine Preisaktion.

Manuskript Nummer 9 habe ich heute abgeschlossen. Nun darf es eine Weile ruhen, ehe es überarbeitet wird. In diesem Roman geht es um eine Prinzessin, deren Schönheit tödlich ist. Außerdem gibt es Palastwächterinnen, die sich blutrünstige Tiger halten, und es gibt eine Schlacht zur See. Das Ende dieses Buches ist praktisch die literarische Generalprobe zum Ende der König-von-Burgund-Saga …

Projekt Nr. 10 führt uns dann ins Frühmittelalter. Es ist inspiriert von den Merowingern, der blutrünstigsten Adelsdynastie der Welt. Am liebsten brachten sie sich gegenseitig um. Projekt Nr. 10 wird nichts für Leser mit schwachen Nerven! Es wird nur ein sehr kurzes Buch, mehr eine Novelle denn ein Roman, und der erste Entwurf wird voraussichtlich im Februar fertig sein.

Ab März, so ist der Plan, geht es in ein niedergehendes Großreich; dieser Roman wird umfangreicher sein als die zwei vorherigen.

Der Roman mit der Prinzessin hat auch schon ein Cover, und zwar ein wunderschönes! Ich bin begeistert!

Weihnachtsgeschenk 2018

Es ist ein bisschen spät für ein Weihnachtsgeschenk, aber wenn man was umsonst bekommt, will man ja nicht meckern, oder nicht?

Hier eine Kurzgeschichte zu „Dietrich von Bern – König ohne Reich und Krone“.

 

Dietrich von Bern schleppte sich die letzten Stufen zur Schwarzen Burg hinauf. Sein Umhang peitschte im Wind, Schneeflocken kratzten in seinem Gesicht. Die Böen drangen durch das Kettenhemd und ließen ihn frösteln trotz seines ledernen Wamses. Er murmelte einen Fluch und kämpfte sich weiter.
Der Aufstieg zur Schwarzen Burg war niemals gefährlicher als im Winter; ein falscher Tritt, und man stürzte hinab in den klaffenden Abgrund, brach sich das Genick und endete als Brei für alte, zahnlose Wölfe. Unter der Schneeschicht verbargen sich Krater und Risse; Eisfelder schleuderten den arglosen Wanderer mit Schwung hinunter, und es hieß, nur wer lebensmüde oder ein wahrer Held war, wagte es, im Winter hier hinaufzuklettern.
„Hör zu, Nagelring“, sagte er zu seinem treuen Schwert. „Viele Kämpfe haben wir beide schon bestanden, gegen die prächtigsten Gegner – doch jedes Mal gingen wir lebend daraus hervor; wir besiegten den unverwundbaren Siegfried von Xanten genauso wie den stolzen Wittich, den furchtlosen Iring von Thüringen und den unausstehlichen Hildebrand.“
Hildebrand hinter ihm seufzte.
„Wir besiegten den mächtigen Lüdeger von Sachsen und den – ähm – König von Burgund, dessen Schwertkampfkünste genauso groß sind wie seine Entschlossenheit.“
„Das ist nun wahrlich keine Errungenschaft, den zu besiegen“, sagte Hildebrand. Ewig grantiger Alter!
„He“, sagte Dietrich, „gibt Acht auf deine Worte, alter Mann! In dieser Kälte könntest du leicht stolpern, und wenn ich vergrämt bin, vermag ich es vielleicht nicht, dich noch rechtzeitig am Fallen zu hindern. – Also, Nagelring: Außerdem besiegten wir sogar den Herzog von Tronje, der so grimmig ist, dass man ihn für einen unehelichen Sohn meines alten Hildebrands halten –“
„Nie wurde ich schlimmer beleidigt als heute! Außerdem war der Tronjer bei eurem letzten Zweikampf schon arg angetrunken.“
„Ach was, diese Rheinländer sind trinkfest! – Wie dem auch sei, Nagelring, unser härtester Kampf steht uns noch bevor: Wir wollen kämpfen gegen den Herrn dieser starken Burg, gegen den Schwarzen Ritter, den Schrecken des Landes!“
Eine besonders garstige Böe wehte Dietrich den Umhang über den Kopf. Er fluchte und streifte ihn zurück. Beinahe verlor er dabei das Gleichgewicht und wäre seinem Tod entgegengestürzt – hätte ihn nicht der alte Hildebrand gestützt, wie es sich für einen wackeren, treuen Gefolgsmann gehörte.
Dietrich schnaufte und schaute nach oben. Aus dem grauen Himmel fielen unentwegt die Flocken herab; vor ihm ragte eine schwarze Masse in die Höhe: der Schwarze Turm des Schwarzen Ritters. Diesmal umkreisten ihn keine Krähen; die Krähen waren wohl alle erfroren oder hatten sich in die Wälder im Tal verkrochen.
Niemand hatte den Schwarzen Ritter je im Zweikampf besiegt. Wer ihn zum Kampf forderte, war ein toter Mann.
Dietrich würde den Kampf wagen, wie er es dem Schwarzen Ritter einst versprochen hatte. Er müsste nur darum bitten, dass er sich vorher am Feuer aufwärmen dürfte, er war steif wie sein Schwert. Seine Nase war vermutlich blau wie ein Saphir. Er ballte die Faust und schlug kraftvoll gegen das geschwärzte Tor aus Eichenholz.
Nichts regte sich. War der Schwarze Ritter bereits erfroren? Es nähme ihn nicht wunder. Hildebrand neben ihm wuchsen bereits Eiszapfen aus dem Bart.
Der Wind rüttelte an ihnen beiden und wollte sie hinabstoßen. Dietrichs Zähne klapperten; das gehörte sich natürlich nicht für einen großen Helden, deshalb fing er an zu summen, damit es schiene, als singe er eine heitere Weise. Er stampfte dazu, als schlüge er den Takt.
„Ein großartiger Einfall“, sagte Hildebrand. „Im ärgsten Winter auf Wanderschaft gehen! Nun stehen wir hier herum wie Lots Frau.“
„Pah“, sagte Dietrich, „er wird öffnen!“
Erneut hob er die Faust und hämmerte gegen das Holz. Zwei Eiszapfen fielen herunter und hätten ihn fast durchbohrt. Zum Glück trug er seinen Helm.
Nichts. Der Wind heulte um sie her, und Dietrichs Zähne klapperten.
„He!“, rief er hinauf, „Schwarzer Ritter! Hast du mich vergessen? Ich bin Dietrich von Bern, der große Held, und fordre dich zum Kampf! Und außerdem ist es hier verdammt kalt! Das ist nicht gastlich, die Leute vor der Türe erfrieren zu lassen!“
„Dein Lehrmeister muss ein unhöflicher Mann gewesen sein!“, fügte Hildebrand hinzu.
Nur der Wind heulte so hingebungsvoll, als wolle er sie nachäffen.
Auf einmal erklang ein schabendes Geräusch, Holz auf Holz: Der Riegel wurde zurückgeschoben. Das schwere Eichentor bewegte sich. Langsam schwang es auf und gab den Blick frei auf den Innenhof der Schwarzen Burg, mit einem blätterlosen Rosenbogen, einem zugefrorenen Teich, auf dem die Enten umherwatschelten, und verhärmten Kirschbäumen. Eine schlanke Ricke stakste vorbei in Richtung einer Raufe voll Heu. Vor ihnen stand ein kleiner Knappe, ganz in Schwarz.
„Gott, ist das kalt. Was wünscht Ihr?“, sagte er mit noch weibisch hoher Stimme.
„Ich komme, um zu kämpfen gegen deinen Herrn! Er soll sein letztes Gebet sprechen und sich wappnen.“
„Da kommt Ihr gerade recht“, sagte der Kleine. „Nur herein mit Euch!“
Er führte sie in die Burg, durch eine Türe und eine Treppe hinunter. Brachte er sie in den Kerker, in dem der Schwarze Ritter seine Gefangenen folterte? Schreie stiegen zu ihnen herauf, das Gejohle blutrünstiger Kerkermeister, irrsinniges Gelächter.
Dietrich legte die Hand ans Heft und wollte Nagelring halb ziehen – es ging nicht. Es war festgefroren.
„In meiner Jugend waren die Winter viel härter“, sagte Hildebrand. „Damals ging mir der Schnee noch bis zum Hals!“
„Damals warst du auch nur so groß wie ein Hase.“
„Unsinn! Ich war früher viel größer, als mich Kummer und Sorgen noch nicht verbogen hatten wie ein misshandeltes Schwert! Außerdem –“
Dietrich zischte um Ruhe. In das Geschrei mischten sich auch Geigenklänge. Eigenartiger Kerker.
Der Knappe blieb stehen und stieß eine schwere Holztüre auf. Dietrich trat hindurch, bereit, sich zu verteidigen, falls ihn ein Feind angriffe. Dann erstarrte er.
Das war nicht der Kerker. Es war der Weinkeller, und hier fand ein Fest statt: Gewiss hundertfünfzig Leute drängten sich um die Fässer oder saßen auf Bänken; manche tanzten sogar auf den Tischen. Es waren Menschen und Zwerge, Frauen und Männer, manche kannte er sogar: In einer Ecke stand ein blonder Recke, mit einer Statur wie der heidnische Donnergott, und stemmte zwei Weinfässer hoch, indessen die Mädchen ihm zujubelten. Das war Siegfried von Xanten, Drachentöter und Angeber, wie es keinen zweiten gab. Hildebrand behauptete immer, Dietrich und Siegfried seien Brüder im Geiste. Hildebrand erging es wie allen Alten: Das Greisenalter hatte ihn nicht mit Weisheit, sondern nur mit Missmut gesegnet.
Umringt von Zwergen und Menschenkriegern saß Olm, der Zwergenkönig, ihm zur Seite sein schönes Weib, dessen liebliches Aussehen mit seinem kratzbürstigen Wesen so gar nicht zusammengehen wollte. Gerade zeterte es, Olm solle nicht immer den Weinkelch umherschwenken, dass die Hälfte herausschwappe, sie trage ein weißes Kleid, und es sähe ja bald aus, als habe sie einer Mordtat beigewohnt in nächster Nähe! Olm erklärte, so umständlich würde niemand denken, man schlösse vielmehr, sie habe höchstselbst jemanden ermordet – mit bloßen Händen.
Die Schwägerinnen des Zwergenkönigs tanzten zusammen auf einem Tisch, wobei einer der begeisterten Zuschauer ein ums andere Mal ausrief, von den Sprüngen der Dicken bräche bald alles zusammen, und er wolle sie gerne auffangen, wenn sie fiele.
„So dick ist sie nun auch wieder nicht“, sagte Dietrich empört. Heutzutage wollten die Männer offenbar keine Weiber mehr, sondern Zweige. In seiner Jugend wusste man wahre Schönheit noch zu schätzen – ach weh, er redete ja schon daher wie der alte Hildebrand!
Auf einem anderen Tisch stand ein Spielmann und geigte munter vor sich hin. Die Weise, die er spielte, vertrug sich allerdings keineswegs mit dem Lied, das die Umstehenden sangen; eine ganz wüste Weise war es, irgendein schamloses Trinklied aus Schwaben, das davon handelte, dass über den Wüsten Afrikas einst ein Meer aus Bier schwappte, ehe der Sänger alles ausgesoffen hatte.
Iring von Thüringen und Lüdeger von Sachsen kauerten einander gegenüber an einem Tisch und widmeten sich dem Armdrücken. Das betrieben sie mit so viel Ernst, dass immer wenn einer zu unterliegen drohte, seine Gefolgsleute hinter ihm schon die Dolche zogen.
Der Burgpriester lehnte an einem Weinfass, ins Gespräch vertieft mit König Gunther. Der Burgunderkönig hatte offenbar schon fünf Kelche zu viel, denn er plapperte und fuchtelte mit einer Hingabe, die man bei seinem gedämpften Temperament gar nicht für möglich gehalten hätte. Dietrich schnappte ein paar Gesprächsfetzen auf: „Anathema“ und „Häretiker“, „Interdikt“ und „Translation“. Den guten Gunther hatte wohl niemand je gelehrt, was passende Gesprächsinhalte für eine Feier waren.
Der Spielmann (in dem Dietrich nun den Herrn von Alzey erkannte) verlor offenbar die Geduld ob der schnöden Kunstverächter, endete mit einem schrillen Misston und sprang vom Tisch herab, indem er empört vor sich hinmurmelte. Niemand schien das Ende seines Vortrags zu bedauern.
Das Grüppchen, das ihnen am nächsten stand, brach in schallendes Gelächter aus. Es waren drei Zwerge und Hagen von Tronje. Er hatte offenbar schon ein Fass zu viel getrunken, denn der Tronje lachte nur, wenn er sturzbetrunken war oder eine Stadt niedergebrannt hatte. Er bemerkte Dietrich und kam her, schon arg wankend.
„Isch grüß Euch, Könisch Diedrisch“, sagte er. Diese Wormser konnte keiner mehr ernst nehmen, wenn sie erst einmal betrunken waren.
„Heiteres Fest, wie?“, sagte Hildebrand. „Was erzählen die Zwerge so Lustiges?“
„Isch weiß nicht, es war auf Zwergisch. Aber luschdisch war’s schon.“ Er grinste versonnen in seinen Becher, als teile der mit ihm irgendein unheilbringendes Intrigantengeheimnis.
„Was feiert man denn?“, sagte Dietrich, „und wo ist der Burgherr?“
Hagen – nicht ohne Ursache warnte man alle Leute vor seiner messerscharfen Klugheit – drehte seinen Becher um, stellte fest, dass nur noch ein Tropfen herausfiel und kam zum Schluss, sein Becher müsse somit leer sein. Den nächsten Knappen, der vorbeistürmte, hielt er mit dem Dolch auf und tauschte seinen Becher gegen den ganzen Krug.
Dietrich winkte ab und stürmte an ihm vorbei. Irgendjemand musste doch noch nüchtern genug sein, um ihm zu erklären, was hier vor sich ging!
Es war so heiß, inzwischen war er wieder aufgewärmt und in bester Verfassung für den Zweikampf.
„Ich grüß Euch, König Dietrich!“, sagte König Gunther. „Wie –“
Dietrich winkte unwirsch ab. Kreischen drang durch den Weinkeller, dass es wahrhaftig klang wie bei der Folterung armer Weiber. Das kam von den Mädchen, die jetzt auf den Weinfässern saßen und mitsamt Fass vom Xantener hochgehoben wurden. Die hatten alle den Verstand verloren.
„Dietrich von Bern, seid mir willkommen!“
Eine unbekannte Stimme. Sie gehörte einem Mann in weißem Gewand. Er eilte auf ihn zu und breitete die Arme aus. „Wie freue ich mich, dass Ihr hier seid!“
„Wer seid Ihr?“
„Ich bin es doch, der Schwarze Ritter!“
„Ihr! Ha! Ich fordre Euch zum Zweikampf, wie ich es Euch versprochen habe, wisst Ihr noch?“
„Aber ja doch! Nie habe ich Euch vergessen. Doch heute wollen wir nicht kämpfen, lasst uns lieber feiern, denn heut ist mein Geburtstag!“
„Oh“, sagte Dietrich. „Glückwunsch und Gottes Segen wünsche ich Euch, dazu noch ein langes Leben und einen nachsichtigen Priester für die letzte Stunde.“
„Das heißt freilich, dass du morgen unterliegen wirst“, sagte Hildebrand.
„Ein großes Fest“, sagte Dietrich. „Alle Eure Freunde habt Ihr eingeladen, wie ich sehe.“
Der Schwarze Ritter winkte ihn näher heran und raunte ihm ins Ohr mit einem Blick in Richtung der Burgunden: „Es sind auch ein paar dabei, die ich nur der Höflichkeit halber einlud.“
Dietrich nickte verständnisvoll.
Der Schwarze Ritter schnippste seinem Knappen, und ließ Dietrich einen Weinkelch reichen.
„Auf Euch!“, sagte Dietrich herzlich.
„Oh, seht! Es ist soweit, die Zwerge sind bereit!“ Der Ritter deutete hinüber ans andere Ende, wo man ein Podest aufgebaut hatte. Sechs Zwerge stiegen gerade hinauf, und ein Mensch – das war ja sein Ulf!
Auf dem Podest lagen bereits Trommeln, Hörner und Schellen. Gelächter und Händegeklapper begrüßte die Gruppe, woraufhin sich alle sechs verneigten. Dann nahmen sie Platz auf den bereitgestellten Schemeln. Der Zwerg hinter der Trommel ergriff zwei Stöcke. Ulf ruckte dreimal mit dem Kopf, als wolle er ein paar wirre Gedanken herausschleudern, und griff in die Saiten seiner Leier. Mit hoher Stimme sang er eine fröhliche Weise, vom besten Kämpfer des Erdenrunds. Die Zwerge begleiteten ihn mit rauen Stimmen, und der Trommelzwerg ruckte so heftig mit dem Kopf, dass Dietrich schon befürchtete, er löse sich bald vom Hals. Einmal verfingen sich seine Stöcke in seinen Barthaaren, da hörte das Getrommel eine Weile lang auf, bis er sie wieder befreit hatte. Im Kehrreim behauptete Ulf jedes Mal, der beste Kämpfer sei der Schwarze Ritter.
Dietrich wandte sich um. Den anderen Recken gefiel das Lied auch nicht übermäßig: Der Xantener schmollte, Iring von Thüringen rollte die Augen und Lüdeger von Sachsen sang leise mit, wobei er „der beste“ zu „der blöd’ste“ verballhornte. Der Herr von Alzey hatte die Arme vor der Brust verschränkt und machte eine Miene wie ein Jahrtausenddichter, dem man einen Stümper vorzog. Gunther lauschte höflich und griff sich nur manchmal ans Ohr, und Hagen lehnte am Weinfass und füllte seinen Krug nun gleich selber nach.
Dietrich schüttelte den Kopf. Die Musik von heute war furchtbar; in seiner Jugend war alles viel besser gewesen. Er wurde vermutlich alt, und er war froh darüber!
In einer Pause erhob sich Lüdeger von Sachsen und hielt eine Ansprache zu Ehren des Geburtstagskinds. Danach ergriff der Xantener das Wort, lobte den Schwarzen Ritter für seine heiteren Feste, wie man sie nirgends sonst erleben konnte. Iring von Thüringen ließ einen Knappen ein Gedicht aufsagen; Zwergenkönig Olm sagte sein Glückwunschgedicht sogar selber auf, auf Zwergisch, es könnte auch ein Fluch sein, so grob wie diese Sprache klang. König Gunther brachte es zustande, in seiner Rede drei Bibelverse zu verstecken, und wenigstens den Tronje ließ man schweigen.
Der Schwarze Ritter erstieg das Podest. „Ich bedanke mich für Euer Kommen“, rief er, „und vor allem begrüße ich erneut den kühnen Recken Dietrich von Bern, der mich, was mir eine große Ehre ist, zum Kampf gefordert hat! Morgen will ich gegen ihn antreten, heute aber wollen wir alle miteinander in Frieden leben! Hurra!“
Man hob die Becher und trank.
„Wenn du weiter so säufst, wirst du morgen im Kampf unterliegen“, sagte Hildebrand.
„Ach, Unsinn, ich bin trinkfest!“
„Lasst uns auf Dietrich trinken!“, rief der Schwarze Ritter. „Auf jeden Buchstaben seines Namens!“ Er winkte den Burgunderkönig her, ihm die Buchstaben einzusagen. Nach acht Bechern fragte sich Dietrich, wie er morgen den Kampf bestreiten sollte. Der Schwarze Ritter trinke aus Gewissensgründen nur Wasser, hatte Gunther ihm verraten. Oh, verdammt.
„Nun lasst uns auf Siegfried trinken!“, rief der Schwarze Ritter. „Wenn er mir die Ehre erweist, morgen im Zweikampf gegen mich anzutreten, auf Leben und Tod, wäre mir das die hehrste Freude!“
Nachdem man auf jeden Buchstaben seines Namens getrunken hatte, trank man auf Iring, auf Lüdeger, auf Gunther und auf Hagen. Jeden forderte der Schwarze Ritter heraus, und keiner war so feige oder so vernünftig, dass er ablehnte.
Sie würden alle sterben.

***

Als er erwachte, wogte ein Zeltdach über ihm. Auch die Erde wogte, als würde er auf einem Schiff liegen. Zum Teufel, war er tot? Diese Kopfschmerzen, waren das die Qualen der Hölle oder die Qualen eines Katers? Er stöhnte und griff sich an die Schläfen.
Wenn der Schwarze Ritter ihm bei Zweikampf den Kopf abschlüge, wäre es gar nicht so schlimm.
Neben ihm knurrte der Alte: „Auch wach, he?“
„Wo sind wir? Im Grab?“
„Hast du Erde im Maul?“, fragte Hildebrand grantig. „Nein? Eben.“
Dietrich seufzte. Rauch drang in seine Nase, und ihm war schlecht wie nach seinem allerersten Besäufnis.
„Er wird dich umbringen.“
„Hm“, sagte Dietrich. „Da hoffe ich, dass die alten Sagen verschweigen, dass ich an den Folgen eines Katers starb, das wäre ja allzu peinlich.“
Der Stoff neben ihnen wogte.
„Ich grüße Euch, meine Freunde!“, rief der Burgunderkönig, so heiter und so laut, als wäre heute nicht der Tag seines Todes.
„Verdammt, der wird uns überleben“, murmelte Hildebrand. „Diese trinkfesten Rheinländer!“
Hinter Gunther trat Hagen herein, eisern und stolz wie immer.
„He“, sagte Dietrich vorwurfsvoll, „warum geht es dir so gut?“
Hagen hob die Braue über seinem einen Auge. „Nichts erhellt das Gemüt so leicht wie Erfolg.“
„Der Schwarze Ritter ist – war ein Schurke“, sagte Gunther. „Er verleitete Euch zum Trinken, bis Ihr nicht mehr bei Sinnen wart, und wollte Euch alle schmählich meucheln in einem sogenannten Zweikampf.“
„In Eurem Zustand wäre das eine Hinrichtung geworden“, sagte Hagen. „Wir aber durchschauten seine List.“
„Wir erlaubten es nicht, dass er Euch und die anderen hervorragenden Recken hinmordet.“
„Deshalb kämpfte ich gegen ihn als erster, denn ich war gar nicht betrunken, ich gab es nur vor.“
„Und natürlich hat er ihn besiegt“, sagte Gunther stolz.
„Und erschlagen“, sagte Hagen.
„Unabsichtlich“, sagte Gunther.
„Natürlich.“
„Und somit kann der böse Schurke Euch kein Leid mehr antun.“
Dietrich stemmte sich hoch. Der Rauchgeruch wurde immer stärker. „Und ihr habt seine Burg niedergebrannt, nicht wahr?“
„Ja nun“, sagte Gunther.
„Es bot sich an“, sagte Hagen. „Aber dafür könnt Ihr alle weiterleben! Vielen Dank für Eure Dankbarkeit.“
Gunther winkte verlegen ab, als wäre Dietrichs noch gar nicht gezollter Dank viel zu viel.
„Ihr Narren“, sagte Hildebrand. „Die Burg niederbrennen! Wisst Ihr nicht, dass der Schwarze Ritter in den Tunneln unter seiner Burg Schätze ohne Zahl hortete? Die sind jetzt alle verloren.“
„Frohe Kunde!“, sagte Hagen, „sie sind nicht verloren! Sie haben sogar schon einen neuen Herrn gefunden, der sie viel besser zu nutzen weiß.“
Gunther neigte sich.
„Und zum Dank für Eure Rettung überlasst Ihr das Gold gerne meinem König“, fuhr Hagen fort.
„Es ist uns eine Freude, ehrenwerte Männer zu retten“, sagte Gunther. „Ich würde es jederzeit wieder tun.“
Sie wandten sich um und brausten hinaus.
Dietrich ließ sich wieder aufs Lager fallen. „Diese Aaskrähen“, sagte er. „Ich bin mir sicher, ich hätte ihn trotzdem besiegt!“
„Jaja“, sagte Hildebrand, „was unmöglich zu beweisen ist, das will immer jeder können!“

Jahresrückblick 2018

Zahlen, Daten, Fakten:

Veröffentlichungen:

5

Wie man einen Kaiser erpresst

Der König von Blauwittern

Dietrich von Bern. König ohne Reich und Krone

Der Kaiser, sein Feind und der Krieg

Der König von Burgund und die Geisel

 

Geschriebene Wörter:

Der König von Blauwittern: keine Ahnung, da nicht protokolliert. Vielleicht 20.000

Wie man einen Kaiser erpresst: 27.000

Dietrich von Bern: 71.500

Der König von Burgund und die Geisel: 98.000

Der Kaiser, sein Feind und der Krieg: 23.700

Der König von Burgund und der Krieger: 98.000

Summe: 338.000

Wörter pro Tag: 926

Also bitte!!! Dieses Jahr müssen es pro Tag 2000 Wörter sein. Dann könnte ich am Ende theoretisch 730.000 Wörter geschrieben haben. Das entspräche 9 Büchern à 300 Seiten.
Ist das zu schaffen? Wohl kaum. Deshalb sind 500.000 Wörter mein Ziel für 2019!

Geschriebene Seiten:

Der König von Blauwittern: keine Ahnung, da nicht protokolliert. Vielleicht 50?

Wie man einen Kaiser erpresst: 115

Dietrich von Bern: 290

Der König von Burgund und die Geisel: 360

Der Kaiser, sein Feind und der Krieg: 100

Der König von Burgund und der Krieger: 370

Summe: 1280 Seiten

Seiten pro Tag: 3,5

Dieses Jahr müssen es mindestens 8 pro Tag sein

Da ich oft ganze Tage nicht zum Schreiben kam, wenn ich am Überarbeiten/Diktieren/Veröffentlichen war und diese Tage hätte abziehen dürfen, schreibe ich pro Tag eigentlich mehr. Tatsächlich sind es meistens 12 bis 14 handgeschriebene DIN-A4-Seiten.

 

Verkäufe – Cashcows und Loser

Der größte Erfolg dieses Jahres und insgesamt:

Dietrich von Bern

Der solide zweite Platz:

Wie man einen Kaiser erpresst

Besser als erwartet:

Der König von Blauwittern

Außer Konkurrenz, da nonexistente Zielgruppe:

Der Kaiser, sein Feind und der Krieg

Die Enttäuschung des Jahres:

Der König von Burgund und die Geisel

Dieses Buch hatte den schlechtesten Start aller bisher veröffentlichten Bücher. Neuveröffentlichungen haben nach dem ersten Kauf (traditionell kaufe ich das Buch immer zuerst selber, ich möchte es ja schließlich auch als richtiges eBook auf dem Kindle haben) für gewöhnlich einen Verkaufsrang, der deutlich < 10.000 ist. Der König von Burgund musste schon mit einem großen Nachteil starten: Nach dem ersten Verkauf sprang er nur auf 14.000 hoch, was super schlecht ist. Die Gründe sind unten aufgeführt.
Man könnte auch sagen, der König von Burgund ist zum Untergang verurteilt.
Ha! Ha! Ha!

Was ich gelernt habe:

Niemals im Dezember veröffentlichen. Es sei denn, es handelt sich um ein Weihnachtsbuch.

Im Dezember wird der Buchmarkt überschwemmt von Weihnachtsbüchern der Genres Krimi, Liebesroman und so weiter. „Ein Mord unterm Weihnachtsbaum“, „Ein ofenwarmer Kuss unterm Mistelzweig“, „Ein muskulöser Weihnachtsmann zum Auspacken“, blabla, in der Hauptsache Weihnachten.
Das Buch, das ich Anfang Dezember veröffentlicht habe, hieß „Der König von Burgund und die Geisel“. Hätte es „und der Weihnachtsmann“ geheißen, hätte es vielleicht eine Chance gehabt. Da es aber nicht weihnachtlich genug war, ist es vom Schlitten des Weihnachtsmann gnadenlos überrollt worden.

Fortan werde ich nie wieder im Dezember veröffentlichen. Ich halte mich an die Monate Februar bis Anfang März, Mai, Juni und an September. Die Buchmesse-Monate werde ich vermeiden, und was im August passiert, weiß ich noch nicht.

Deadlines sind hilfreich

Nur bei einem Projekt konnte ich die selbstgesetzte Deadline nicht einhalten, und das war vorletztes Jahr bei „Die Rose von Huwelreich“. Bei fünf anderen Projekten habe ich mir eine Deadline gesetzt und eingehalten. Das werde ich fortan bei jedem Projekt so machen, außer bei den Worms-Büchern.

Die Amazon-Kategorien sind völlig verwüstet

Selfpublisher, die in Selfmarketing viel besser sind als ich, haben die Amazon-Kategorien gehörig durcheinandergebracht und ihre Bücher in Kategorien eingeordnet, in denen man sie beim besten Willen nicht suchen würde. Doch was sich in einer überlaufenen Kategorie recht mau verkauft, steht in einer zweiten Kategorie, wo nicht so viel Konkurrenz herrscht, gleich ganz oben. Zweifellos raffiniert – den Lesern gegenüber nicht ganz so nett. Wer zum Beispiel in der Kategorie „Geschichte –-> Reformationszeit“ sucht, findet auf Platz eins dieser Kategorie den Liebesroman „Frankfurt Calling: Ein Bad-Boy-Banker zum Vernaschen“ (erfundenes Beispiel, es soll ja niemand vorgeführt werden). Ob die Leser damit so glücklich sind, wenn sie sich jedes Mal durch einen Dschungel aus Liebesromanen kämpfen müssen – aber egal.
Ich (Streber!) habe meine Bücher bisher immer brav in die Kategorien einsortiert, in die sie objektiv betrachtet auch hineingehören. Beim neuen Burgund-Buch mache ich es auch so wie die anderen, ha! Das neue Buch spielt ja in Worms am Rhein, also werde ich mich für diese Kategorie entscheiden: Tiere –> Wirbellose –> Eklige Tiere –> Würmer. Da ist gar nicht viel los, kaum Konkurrenz, Platz 1 im Würmer-Ranking ist mir sicher!

Diktieren im TextEdit ist besser als in Scrivener

0,99-Euro-Bücher haben auch keine besseren Chancen.

Viele Bücher sind kürzer als meine und es wird ein bedeutend höherer Preis verlangt.

Selfpubbookcovers ist super

Super für Introvertierte. Da kann man das Cover einfach kaufen, selber den Titel draufschreiben, und fertig.

Das Thema Nibelungen verkauft sich schlecht

Wundervoll demonstriert von „Der König von Burgund und die Geisel“. Ein Roman zum selben Thema von einem anderen Autor erschien zeitgleich mit meinem, und sein Verkaufsrang kränkelt ebenfalls so vor sich hin.
Was tun, wenn man einen Flop geschrieben hat? Ganz einfach: Band 2 veröffentlichen! (Echt jetzt, der steht schon in den Startlöchern, dann entlasse ich ihn eben in die Weiten des Worldwide Webs, es wird schon keinen kümmern.)

Ich mag Twitter nicht.

Ist Geschmacksache. Lieber Facebook.

Lange Klappentexte kommen bei den Lesern besser an.

War schon lange mein Verdacht, und irgendwo habe ich es auch gelesen. Eine Buchbeschreibung muss viel vom Buch erwähnen, mindestens drei Personen mit Namen einführen, die Vorgeschichte beinhalten und äußerst ausführlich sein, also eigentlich eine halbe Inhaltsangabe – aber das gefällt. Na gut – wenn’s gewünscht wird, dann werde ich das so machen.

Die Leser lieben Pathos, ich auch, und ich werde nicht mehr darauf verzichten.

Jahrelang habe ich mich gezügelt, damit es nicht zu pathetisch und salbungsvoll wird. Aber wenn man sich die beliebten Bücher und Filme unserer Zeit (und die von früher auch) genauer anschaut, stellt man fest: Pathos und Tragik und Sich-selber-ernst-nehmen war immer schon wichtig. Die Masse will atemlos zuschauen, Selbstironie und Humor gefällt nur einer Minderheit, und selbst Angehörige der Minderheit möchten auch einmal ergriffen sein von Wucht und Würde und Glanz und Glorie. Es lebe das Pathos! Und schöne Wagner-Inszenierungen! Hässlich wird das Leben auch von selber.

Egal, wie gut ein Buch ist, es gibt immer einen, dem es nicht gefällt.

Und wenn es der eine selbsternannte Rebell ist, der meint, die Forelle, die gegen den Strom schwimmt, ist ein Held.
Oder es ist der Rezensent einer Biographie über einen bedeutenden adligen Staatsmann, der einräumte, dass die Biographie natürlich exzellent sei, dann aber doch nur 3 Sterne vergab, weil er den Staatsmann für einen Trottel hält.

Was der einen Leserin missfällt, gefällt der anderen ganz besonders.

Das ist schön. Ich brauche mir also nicht mehr über jeden Satz den Kopf zu zerbrechen, irgendjemand wird ihn schon in der Luft zerreißen oder sich für ihn erwärmen.

Was ich 2018 verbessert habe

Ich verwende jetzt Scrivener –> der ganze Veröffentlichungsprozess ist optimiert

Diktieren mit Dragon –> schneller als tippen

Buchtrailer erstellt mit Lumen5

Buchbeschreibungen mit HTML erstellt! Juhu! (Also, außer Zeilenumbruch habe ich nichts anderes gewagt, aber dieses Jahr wage ich mich vielleicht an eine größere Schriftgröße!)

Facebook-Werbung durchgeführt. Erfolg (gemessen an Click-Through-Rate): etwas besser als durchschnittlich!

Ziele für 2019 festgelegt

Die Qualen der Kreativen

Oder was denkt ein Autor wirklich bei der Veröffentlichung seines Buches?

Ich habe heute mein Lieblingsprojekt veröffentlicht. War das ein Tag zum Feiern, mit Konfetti, Champagner und hunderten Gratulanten, bestehend aus Lesern, Tanten und Unbekannten?
Nein.
Ich bin fertig mit den Nerven.
Seit das Buch veröffentlichungsreif ist, suchen mich immer dieselben Gedanken heim: Ist es wirklich gut? Ist es miserabel? Darf ich dafür überhaupt Geld verlangen? Kann ich damit den Lesern eine Freude machen, oder sollte ich der Welt einen Dienst erweisen und alles löschen?
Als ich noch im Schreibprozess war, oszillierte ich schneller von Freude zu Verzweiflung und wieder zurück; vor allem waren die Ausschläge Richtung Verzweiflung nicht so tief. Früher gab es noch gelungene Szenen und packende Handlungsstränge. Früher hatte ich Lieblingsszenen, früher fand ich die Figuren toll, früher wusste ich, dass das hier mein bisher bestes Buch ist.
Jetzt, da alles fertig ist, ist jeder Satz schlecht. Jeder Handlungsstrang ist hanebüchen oder langweilig oder rührselig, oder alles zugleich. Die Figuren sind unmöglich, am besten lösche ich alles und verbrenne das Manuskript. Am besten fange ich ganz von vorne an.
Nein, noch besser: Am besten lasse ich dieses Projekt für immer in Ruhe. Es war mein Lieblingsprojekt, es sollte herausragen aus meinen anderen Romanen, es sollte glänzen und glitzern, damit es auch den Lesern mehr gefiele als meine anderen Bücher, und es sollte großartig sein.

Es ist das schlechteste von allen geworden, denn ich bin unfähig. Andere machen alles viel besser, andere sind mit Kreativität gesegnet worden, andere können Sätze formulieren, die schimmern wie geschliffene Diamanten, und was ich schreibe, ist sprachlich sogar noch unterirdischer als die Kurznachricht, die ein Dreijähriges beim groben Herumtatschen aus Versehen verfasst hat.

Es ist das schlechteste Buch aller Zeiten, es ist so schlecht, dass die FAZ darüber eigens eine Kritik schreiben wird, die sich liest wie das Äquivalent einer öffentlichen Hinrichtung. Ein für allemal muss gesagt werden, dass nicht jeder, der sich erdreistet, ein Buch zu veröffentlichen, auch tatsächlich dazu bestimmt ist. Manche Autoren tun der Welt den größten Gefallen, wenn sie aufhören. Das Paradebeispiel bin ich.

Hunderttausend Rezensenten lauern auf mein Buch, werden es kaufen, hassen und eine Rezension verfassen. Das ist ja ihr gutes Recht, schließlich haben sie ihr teures Geld an mich verschwendet, und hätte ich das Buch verschenkt, hätten sie zumindest ihre Zeit ans Lesen verschwendet, und am besten gebe ich das Buch nie heraus.
In den sozialen Medien wird man es zerreißen, alle die Stellen, die mir besonders am Herzen lagen, ganz besonders, Memes wird man erstellen und ganze Anti-Accounts auf Tumblr. Ich werde als Negativbeispiel in Internet und Geschichte eingehen, und nie wieder werde ich mich getrauen, ein Wort zu schreiben. Hassmails werde ich bekommen, Leute werden Anwälte beauftragen und ihr Geld zurückfordern, Amazon wird mich für ewig aus seinen heiligen digitalen Hallen aussperren, und alle, die mich kennen und ohnehin nicht an mich geglaubt haben, werden mitleidig nickend vor sich hin murmeln: „Ich hatte eben schon immer Recht.“

Warum meine ich, dass ausgerechnet ich schreiben könnte? Ich kann es nicht. Ich bin schlimmer als der schlimmste Anfänger, meine Hybris war so weit wie die Milchstraße. Nichts ist lächerlicher als Stümper, die sich für Könner halten; und der lächerlichste Stümper bin ich!

Ich hasse mein Lieblingsprojekt, aber ich will nichts mehr daran ändern, ich will es zerstören. Ich dachte, es bringt mir Freude, wenn es fertig ist, aber es ist missraten. Es ist wie die Schöpfung eines verrückten Ingenieurs, die sich jetzt gegen ihn wendet und ihn vernichten wird. Das Projekt oder ich – einer von uns muss verlieren. Ich hasse es. Ich hasse es. Ich hasse es.
Die großen Probleme auf der Welt verschonen mich, sonst hätte ich keine Zeit zu hassen. Ich hasse trotzdem, denn Hass und Weisheit vertragen sich nicht.
Es gibt kein Mittelmaß mehr, nur noch Extreme: Ich zielte auf Perfektion, und ich habe nur Schrott zustandegebracht. Ich bin umgeben von Millionen guter Bücher, jedes fand irgendwo einen zufriedenen Leser, nur meines nicht.

Ich werde bekommen, was ich verdiene: Schlechte Rezensionen, Wut und Verachtung, und bald bin ich soweit, dass mir alles egal ist, dieses verdammte Lieblingsprojekt soll in der Hölle verrotten oder im Internet; vermutlich wird es nach den ersten drei schlechten Rezensionen niemand mehr kaufen, sodass es ganz hinabsteigen wird in die Grotte der vergessenen Bücher, wo es hingehört, und keinen mehr kümmert.
Ich bin nicht wichtig, und meine Bücher auch nicht. Wenn ich Pech habe, wird man sie verreißen, und wenn ich Glück habe, wird niemand dieses Buch beachten. Dann bleibt meine Unzulänglichkeit verhohlen – bis zum nächsten erfolglosen Buch.

Ich hatte Erwartungen, hoch wie die Alpen, ich habe Ängste, tief wie der Baikalsee, und was wird herauskommen? Ein paar Verkäufe in den ersten Tagen, und dann Schweigen. In allen Statistiken ist Ruh, auf allen Verkaufsrängen spürest du kaum einen Hauch, die Rezensenten schweigen im Internet. Warte nur, balde ruhest du auch.

Dann beißt man die Zähne zusammen und drückt auf „Veröffentlichen“. Weil es beim Schreiben früher so ein tolles Gefühl war, und weil man bei den anderen Büchern immer dasselbe dachte. Und weil man tief drin nicht wahrhaben will, dass das Buch miserabel ist. Vielleicht findet es irgendwo einen Leser, verrückt wie ich, dem es gefällt.
Und weil man hofft, dass Zweifel ein Zeichen von wahrem Können sind. Weil man immer noch an sich glaubt, trotzig und verbissen und vielleicht unsäglich dumm. Unbelehrbar, das bin ich.

Und weil das neue Buch, das ich gerade schreibe, also, das wird super werden, ehrlich! Vergesst die anderen, vergesst, was ich gerade veröffentlicht habe, aber das neue Projekt, das, ha!

Und weil ich eines Tages diesen Artikel lesen will und sagen: „Ich habe es geschafft.“

 

Ach ja, ist der Ritter auf dem Beitragsbild nicht supersüß? Er erinnert mich an eine Figur aus meinem Lieblingsprojekt, also, da gibt es einen, der ist so hart, auf den schlägt das Schicksal immer erbarmungslos ein, und trotzdem macht er immer weiter, und ist trotzig und unbeugsam und ich habe ein kleines bisschen einen Narren an ihm gefressen <3 … Den gibt’s in meinem neuen Buch, das wirklich super ist, oder doch nicht, oder ja, oder nein, oder

Beitrag verfasst am 2. Dezember 2018

Veröffentlichung: Der König von Burgund und die Geisel

Jeder kennt die Abenteuer von Siegfried dem Drachentöter – hier ist die Vorgeschichte seiner Feinde …
Die Königreiche Europas zittern vor Etzel, dem grausamen Hunnenkönig. Damit Burgund von seinen Reiterhorden verschont wird, muss König Gibich dem Hunnenherrscher eine Geisel stellen: Hagen von Tronje, den Sohn seines wichtigsten Beraters. Hagen schafft sich viele Feinde am Hunnenhof, doch Etzel beschließt, aus ihm den besten aller Krieger zu machen.
König Gibichs Sohn Gunther wird den Thron erben. Aber ist er wirklich geeignet, ein Reich zu führen? Gibich hegt seine Zweifel daran – da bricht ein Krieg aus zwischen Sachsen und Burgund …
Ein mächtiges Historienepos, das all die Abenteuer erzählt, die uns die alten Sagen bisher verschwiegen haben!

Der erste Band einer neuen Reihe über die Burgunden aus dem Nibelungenlied.
Der Roman ist keine Nacherzählung, sondern erweitert den bestehenden Sagenkosmos um neue Figuren und Geschichten.

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Ziele für 2019

Mit der noch ausstehenden Veröffentlichung von „Der König von Burgund und die Geisel“ habe ich dieses Jahr 5 Bücher veröffentlicht. Das ist eine ganze Menge – und das soll im nächsten Jahr noch übertroffen werden!

2019 soll alles noch besser, noch schneller und noch bunter werden: Mehr schreiben, krassere Geschichten schreiben, mehr Experimente, unvergessliche Charaktere, mehr bloggen, …

Für 2019 habe ich mir so viele Ziele gesetzt wie noch nie. Mal schauen, ob ich sie alle erreichen kann.

Hier sind sie:

Projekte für 2019

Die fettgedruckten Projekte haben Priorität; die nicht fettgedruckten können bei Bedarf auch nach 2020 verschoben werden.

Hier die Kurzliste:

  • Projekt „Antrocuna und Frauenpower“
  • Projekt „Niedergang eines Großreiches, während die Barbaren kommen“
  • Projekt „Eingesperrte Prinzessin“
  • Projekt „Ein Galgen für den Kaiser in Mexiko“
  • Projekt „Geh doch nach Griechenland, König!“
  • Projekt „Die Giftprinzessin“
  • Projekt „Das leidende Dorf“
  • Projekt „Die blinde Königin“
  • Projekt „Bagrat, der Aufstand und die Meise“
  • Projekt „Kaiser Innozenz und der Hochstapler“
  • Der König von Burgund 3
  • Gratis-Buch zu „Der König von Burgund“
  • Gratis-Buch zu den Huwelreich-Romanen des 19. Jahrhunderts

 

  • Ein Roman, der in Antrocuna spielt. Es geht um Usurpation, Krieg, Freundschaft zwischen zwei Frauen, Feuer, das nicht von Wasser gelöscht werden kann, Zwangsheirat, die Weisheit alter Großmütter und den Aufstand unterdrückter Reiche.
    Dafür vorgesehene Zeit: 4 Wochen
    Bücher, die ich noch lesen muss: Diverse Bücher über afrikanische Geschichte
  • Ein Roman, der von „Untergang des Abendlandes“ inspiriert ist. Eine niedergehende Gesellschaft! Ein mächtiges Reich, das dahinwelkt, die Schaffenskraft seiner Gesellschaft ist erschöpft, Arbeit und Schönheit werden verachtet, man preist nur noch das Hässliche und den Genuss. Religion und Monarchie werden gestürzt, in einem großen Gemetzel kommt die Herrscherfamilie und die Priesterkaste um, bis auf einen, der will seinen Thron zurückerobern. Im Norden nähert sich ein Kriegerkönig mit seinen Horden … Ja, Rom lässt grüßen.
    Dafür vorgesehene Zeit: 4 Wochen
    Bücher, die ich noch lesen muss: Untergang des Abendlandes (Ich habe immer nur darin herumgeschmökert, und fand es schon sehr interessant. Den Anfang lasse ich allerdings weg, weil der Autor sich seitenlang über die alten Griechen und Zahlen auslässt. Pi oder so …)
  • Ein Roman, der von den Merowingern inspiriert ist. Das düsterste meiner Bücher. Ein Geheimnis, das niemand wissen darf. Der Preis fürs Wissen ist furchtbar. Zwei Zwillingsschwestern, die voneinander nichts wissen. Wer Narben trägt, erhält noch mehr, und wer vom Schicksal gezeichnet wurde, findet kein Mitleid. Mit diesem Buch sind die düsteren Thematiken erledigt, versprochen.
    Dafür vorgesehene Zeit: 9 Tage, mehr könnte ich nicht aushalten
    Bücher, die ich noch lesen muss: Einige Bücher über Merowinger, davon mehrere auf Französisch
  • Ein Roman, der vom Schicksal des Maximilian von Mexiko inspiriert ist. Kaiser Franz Josephs jüngerem Bruder wurde die Krone Mexikos angetragen. Er fuhr hinüber, regierte ein paar Jahre, und wurde beim Aufstand des Benito Juarez gestürzt. 1867 wurde er in Queretaro von einem Erschießungspeloton hingerichtet. – In meinem Projekt wird aber einiges anders sein, und das Buch wird auch einen zweiten Teil nach sich ziehen. Wie in der Geschichte ist aber auch bei mir die Hauptfigur ein Bruder des österreichischen/huwelreichischen Kaisers.
    Dauer: 4 Wochen
    Notwendige Bücher zur Recherche: Div. Bücher über Geschichte Mexikos, allesamt auf Englisch oder Spanisch
  • Ein Roman, der von Ludwig I. von Bayern, Otto von Griechenland und der übersteigerten Griechenlandbegeisterung des 19. Jahrhunderts inspiriert ist. Wir kehren zunächst zurück nach Blauwittern, alsbald gehen wir aber nach Sparthen, ins Land, das in der Antike einst bedeutend war. Mal schauen, ob dort alles so großartig ist, wie die Gelehrten Erobas behaupten … Das Buch wird humorvoll werden.
    Dauer: 9 Tage (so gerne mag ich Blauwittern und Sparthen nun auch wieder nicht)
    Recherche: Div. Bücher über Otto von Griechenland, eines über Ludwig I., das ich aber schon einmal gelesen habe
  • Ein Roman über eine Prinzessin, die liebend gerne Gift verwendet. Spielt in einem erfundenen Land irgendwo im Osten, das mit seinen Nachbarländern wenig Kontakt pflegt. (Die Welt von Huwelreich ist schließlich groß.) Hat auch Ähnlichkeiten zu „Die Schöne und das Biest“ und hat auch irgendwie Ähnlichkeiten zu Brünhild aus dem Nibelungenlied. (Ohne die Wormser, tut mir leid.) Ich bin schon sehr gespannt auf das Buch, allerdings weiß ich über die Handlung bisher weniger als bei den anderen Projekten. Die Ausgangslage ist aber echt toll. Wenn mir nichts anderes einfällt, lasse ich irgendjemanden einen Staatsstreich durchführen.
    Dauer: 4 Wochen
    Bücher zur Recherche: Ich lasse meiner Fantasie freien Lauf.
  • Ein Buch über ein Dorf in der Grafschaft Zirs. (Das ist dort, wo lauter Verrückte herrschen.) Die Dorfbevölkerung wird aufgehetzt, sodass sich zwei Parteien bilden, die sich erst beargwöhnen, später hassen und dann bekämpfen. Ernstes Buch. Nicht trauriges, aber ernüchterndes Ende. Mal schauen, ob das Buch realisiert wird, obwohl die Hauptfiguren keine Kaiser sind. 🙁
    Dauer: 9 Tage
    Recherche: Ein Buch über Handwerker und Bauern und so.
  • Ein Buch über ein Land, das unlängst die Kolonialherrschaft Isolanias abgeschüttelt hat, in dem aber noch soziale Ungerechtigkeiten herrschen. Der Kampf der Unterdrückten für gleiche Rechte und der verbissene Widerstand der privilegierten Oberschicht, die ihre Privilegien nicht aufgeben will, bis eine blinde Königin in den Kampf einschreitet …
    Dauer: Keine Ahnung
    Recherche: Ein Buch über Englands Weltreich. Am besten noch mehr, aber die meisten Bücher zum Thema stehen dem Empire sehr positiv gegenüber. Ich hätte gerne etwas Neutrales bis Kritisches.
  • Ein Buch, das von Bagrat handelt. Ich habe schon eine vage Handlung im Kopf.
    Dauer: Keine Ahnung
    Recherche: Div. Bücher über die Spanier in der Neuen Welt (auf Spanisch)
  • Ein Buch über Kaiser Innozenz. Das Hauptproblem der Handlung und das Ende stehen bereits fest.
    Dauer: Keine Ahnung
    Recherche: Mal wieder ein paar Dutzend Bücher über die Kaiser des Hochmittelalters lesen
  • Der König von Burgund Teil 3
    Na, Teil 3 eben! Zur Handlung: Intrigen, Intrigen, Intrigen! Der alte Herzog enthüllt das Geheimnis, das die Leser schon längst wissen, Worms ist super, Gunther schmiedet Ränke, weil er zum ehrlichen Kampf zu feige ist, Hagen schürt Konflikte, Kriemhild wird auch wieder wichtig, neue Giftanschläge, Aufstände, Kämpfe, sogar ein bisschen Liebe. Ehrlich!
    Dauer: So lange mir es gefällt
    Recherche: Dies und das
  • Ein Gratis-Band fürs Worms-Buch
    Infos zu historischen Hintergründen (Die historischen Burgunder, Gundobad und Avitus von Vienne, der Kampf der Merowingerköniginnen und ihr kluger Schwager Guntram, Hunnen, die Zeit des Epos)
    Infos zu den Epen (das mittelhochdeutsche Epos, die Edda, die Thidrekssaga, die Dietrichsepik, der Waltharius)
    Rezeptionsgeschichte (alles, was dazugehört, und das ist eine Menge)
    Natürlich muss erwähnt werden, dass Götterdämmerung meine Lieblingsoper ist, damit ich, wenn ich eines Tages berühmt bin, eine Karte für die Festspiele geschenkt bekomme und zum glücklichsten Menschen der Welt werde (Hinweis: Ich mag übrigens konservative Inszenierungen, und meine Lieblingsopernsänger müssen mitsingen, bitte, bitte!)
    Eigene Erläuterungen
    Wie Wilhelm I. und Bismarck zur preußischen Version von Gunther und Hagen wurden
    Spoiler für das Ende der Serie*
    Dauer: Nicht länger als 2 Wochen, Lektorat und Veröffentlichungsprozess miteingerechnet
  • Ein Gratis-Band für die Huwelreich-Romane aus dem 19. Jahrhundert
    Mit historischen Hintergründen: Kapitel über die wichtigen Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts, Kaiser, Kanzler, Komponisten, Hofleben, Diplomatie und viele Anekdoten. Sollte eigentlich ganz leicht zu schreiben sein – ich schalte das Mikrofon ein, und nehme auf, was ich den lieben langen Tag so von mir gebe. Am Abend ist das Buch fertig und muss nur noch von Dialekt ins Hochdeutsche übersetzt werden.
    Dauer: Nicht länger als 2 Wochen, Lektorat und Veröffentlichungsprozess miteingerechnet
  • Ein kommerzielles Buch schreiben. Mit Liebe (oh Manno …) – ohne Monarchie (Nein! Das geht nicht!), und ohne Staatsstreiche (Wie soll das möglich sein?), ohne Giftanschläge und Politik und ohne all die Dinge, die Spaß machen.
    „Ähm – also, wenn es um Liebe gehen muss – Kann es auch die Liebe eines Untertanen zu seinem Herrscher sein? Da hab ich nämlich einen, der würde sich für seinen König –“
    „Wenn es romantisch wird, dann gerne!“
    „Also, romantisch wird es nicht. Er liebt ihn, wie ein treuer Diener seinen Herrn liebt, er würde für ihn Reiche erobern und macht für ihn Politik.“
    „Auf keinen Fall!“
    „…“

Andere schreibrelevante Ziele für 2019

 

  • Ein Organisationssystem für meine Notizen entwickeln.
    Bis jetzt hab ich da nämlich nix im Griff: Ich schreibe meine Notizen auf kleine quadratische Zettelchen, die liegen dann entweder auf dem Schreibtisch, in Gesellschaft von einem Dutzend Stiften und einem Dutzend anderer quadratischer Zettelchen, oder ich lege meine Zettelchen in eine dafür vorgesehene Box und vergesse die Zettelchen mitsamt Inhalt, weil ich nie in die Box hineinschaue. 2019 muss ich endlich ein formidables Ordnungssystem finden.
  • Mindestens einmal wöchentlich bloggen. Themen sind egal, in der Hauptsache, sie haben etwas mit meinen Büchern, den historischen Hintergründen oder dem Schreiben allgemein zu tun.
  • Einmal 5000 Wörter am Tag schreiben
  • Einmal 10.000 Wörter am Tag schreiben (?)
  • Ein ganzes Buch direkt am Computer schreiben, nicht auf Papier. Ich möchte wissen, wie sehr sich mein Schreibstil dann von dem der handgeschriebenen Bücher unterscheidet.
  • „Wie man einen Kaiser erpresst“ neu hochladen. (eBook und Druckausgabe, und ich hasse das Hochladen! Es macht mich immer so nervös.) Das Cover bleibt dasselbe.

 

* Nein, natürlich nicht! 😉

Veröffentlichung: Der Kaiser, sein Feind und der Krieg

General Rudolf von Kückenstaal taugt nicht zum Schlachtenlenker. Seine Frau Susanna dagegen ist ein Genie im Erstellen von Operationsplänen. Rudolf ist Mitarbeiter im Generalstab, seine Pläne aber stammen von seiner Frau. Dank ihres Talents gewinnt das Kaiserreich Huwelreich seine Feldzüge – doch eines Tages stirbt Rudolf. Das ist nicht nur eine Tragödie für seine Frau, das ist eine Tragödie fürs ganze Kaiserreich: Ohne Susannas Pläne wird Huwelreich seine Kriege wieder jämmerlich verlieren. Doch eine Frau beim Heer, das ist undenkbar … Da beschließt Susanna, den Tod ihres Mannes zu vertuschen und sich als General Rudolf von Kückenstaal auszugeben. Es beginnt der größte Skandal, den Huwelreich je erlebt hat.

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Historische Romane, Fantasy und Wörter

Die Merowingerkönigin Brunichild wurde 613 hingerichtet, indem man sie an die Hufe eines Pferdes band und das Pferd losgaloppieren ließ, sodass sie zwischen den Hufen zerrissen wurde. War dieser Tod sadistisch? Ja und Nein. Im Frühmittelalter gab es keine Sadisten. Dieses Wort geht nämlich zurück auf Marquis de Sade, einen Zeitgenossen der französischen Revolution. – Wir heutigen Menschen können diesen Tod der Merowingerkönigin (sie war übrigens schon Urgroßmutter) sehr wohl als sadistisch bezeichnen – verwendet jedoch eine Figur in einem historischen Roman dieses Wort, dann fällt das zumindest den Etymologie-Fans unter den Lesern negativ auf.

Ein historischer Roman oder ein Fantasyroman hat ständig mit solchen Fallstricken zu kämpfen: Alle Wörter haben eine Herkunft, und so manches aparte, scheinbar alte Wort entpuppt sich als Produkt der Neuzeit, oder entstammt einer Kultur, die in die Fantasywelt so gar nicht hineinpasst, oder ist von einem Eigennamen abgeleitet.
Autorinnen historischer Romane wollen nach Authentizität streben, und Fantasyautorinnen nach in sich stimmigen Welten. Die Schwierigkeit besteht darin, die anachronistischen, unpassenden Wörter zu erkennen – eine Aufgabe, die wohl ein einzelner Autor kaum bewältigen kann, es sei denn, er ist hauptberuflich Etymologe. Und so manches Wort, das schon früher verwendet wurde, hatte eine völlig andere Bedeutung. Das Beispiel aller Beispiele: Goethes Faust bezeichnet Gretchen als „Dirne“. Dieses Wort, das schon im Althochdeutschen gebräuchlich war, hieß jahrhundertelang nichts anderes als „Dienerin, Jungfrau, junges Mädchen“. Daher auch das Dirndl.

Es folgt eine Liste mit Wörtern, die eine interessante Herkunft haben. Die Liste basiert auf keinem ausgefeilten Prinzip; ich habe einfach die Wörter aufgeführt, die mir einfielen. (Ich wollte früher übrigens Etymologie studieren, bevor ich meine Passion für Geschichte entdeckte.)

ausmerzen – eigentlich müsste dieses Wort „ausmärzen“ heißen, aber das ging den Leuten von der Rechtschreibreform wohl durch die Lappen. Im März werden viele Lämmchen geboren; die schwachen und kränklichen Lämmchen wurden gleich geschlachtet.
Nun stellt sich gerade Fantasyautoren die Frage: Kann man etwas ausmerzen, wenn man keinen März hat? Vermutlich werden sich die wenigsten Leser daran stoßen.

zermartern – abgeleitet von Märtyrer, auch Martyrer, griech. „Blutzeuge“
Kann man sich zermartern, wenn es keine Christen gibt?

Die Wochentage – Machen wir es kurz und schmerzlos: Dienstag kommt von Tiu, dem nordischen Gott des Krieges, Donnerstag von Donar, bzw. Thor, bzw. einem super Film, Freitag von Frija bzw. Frigg, der Gattin Odins. Im Englischen verhält es sich ähnlich, hier ist zusätzlich der Wednesday der Tag Wodans.
Kann man in einer Fantasywelt von Freitag sprechen, oder zeugt das von schlechtem Weltenbau?

fechten – das bezeichnete einst jede Art von Kampf. In diesem Sinne ist das „Gefecht“ des 19. Jahrhunderts mit Schusswaffen usw. etymologisch völlig korrekt.

Kaiser – „Der Kaiser ist fürwahr ein schneidiger Mann!“ Das Wort leitet sich ab von keinem geringeren als Caesar, was „der aus dem Mutterleib Geschnittene“ bedeutet. „Zäsur“ und „Zar“ sind ebenfalls damit verwandt.

Boykott – benannt nach einem irischen Grundstücksverwalter

Litfaßsäule – benannt nach ihrem Erfinder

Lärm – aus ital. all’arme „Zu den Waffen“. Erst im Spätmittelalter/in der frühen Neuzeit als „Alarm“ und später „Lärm“ in die deutsche Sprache eingegangen.
Ich habe mich entschieden, in meinen Romanen, die im Mittelalter spielen, trotzdem das Wort „Lärm“ zu verwenden. Das aus dem Mittelhochdeutschen stammende „Getöse“ alleine reicht einfach nicht aus.

Lukullisch – im 18. Jh. gebildet; bezieht sich auf den römischen Feinschmecker Lucullus

Dolch – natürlich gab es im Mittelalter Dolche, das Wort wird jedoch erst seit dem 15. Jahrhundert verwendet und wurde wohl über das Lateinische aus dem Griechischen entlehnt.
Ich habe mich entschieden, in meinen Mittelalterromanen trotzdem das Wort „Dolch“ zu verwenden.

drakonisch – benannt nach dem alten Griechen Drakon, der für Athen Gesetze mit harten Strafen erließ

Emanzipation – aus lat. „emancipatio“ (Freilassung des Sohnes aus der väterlichen Vormundschaft)

Sklave – verwandt mit Slawe, weil zur Entstehungszeit des Wortes die meisten Sklaven Slawen waren

Muskeln – aus dem Lateinischen entlehnt am Anfang des 18. Jh. Musculus heißt eigentlich Mäuschen, weil die Bewegungen der Muskeln eines kräftigen Armes einer umherhuschenden Maus ähnlich sind.

Nerv – aus dem Lat. entlehnt am Anfang des 16. Jahrhunderts. Im Mittelalter wurden die Nerven für Sehnen gehalten und als solche bezeichnet. Auch Seil und Saite sind etymologisch mit Sehne verwandt.

Martialisch – abgeleitet von Mars, dem Kriegsgott

Steppe – Mitte des 18. Jahrhunderts aus dem Russischen entlehnt

Dollar – abgeleitet vom Taler

Figur – war schon im Mittelhochdeutschen im Gebrauch im Sinne von „plastische Darstellung“, wie auch „Gestalt, Erscheinung“

Schal – aus dem Persischen; wurde bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts „Shawl“ geschrieben

schal – das Adjektiv im Sinne von „fade“ ist erst ab dem 14. Jahrhundert im Mitteldeutschen im Gebrauch
(Trotzdem verwende ich es für einen Roman, der um 1180 spielt. Man sieht: Fast jedes Wort könnte man hinterfragen.)

faseln – erst ab dem 17. Jh. bezeugt. Früher hat man wohl nur Vernünftiges geredet.

fesch – entstanden Anfang des 19. Jahrhunderts aus engl. „fashionable“

Gruppe – Anfang des 18. Jahrhunderts im Deutschen verwendet (Übernahme aus dem Französischen). Eventuell geht das Wort jedoch auf ein germanisches Wort zurück.
Für Pedanten: Keine Gruppen im Mittelalter!

hold – Die holde Maid hat im Mittelalter eigentlich nichts zu suchen. „Hold“ wird erst seit dem 18. Jh. als Synonym für „lieblich, anmutig“ verwendet. Davor war es ein richtig schönes Feudalismus-Wort und bezeichnete das Verhältnis zwischen Lehnsherr und Lehnsmann. Einerseits hieß es „gnädig, geneigt“, andererseits „treu ergeben“. Vgl. „jemandem hold sein“
Auf die Formulierung „Mein holder Lehnsmann“ wird man in meinen Büchern jedoch vergeblich warten. Die meisten Leser würden an dieser Stelle stutzen und viel zu viel hineininterpretieren …

ach herrje – Verkürzung von „Herr Jesu“. In Welten, die Jesus nicht kennen, müsste man sich andere Ausrufe ausdenken.

Wallach – kam im 15. Jh. in den deutschen Sprachraum mit der Bedeutung „verschnittener Hengst aus der Walachei“. Der Name der Walachei wiederum basiert auf dem slaw. Wort für romanische Länder.
Auch schon die Hunnen hatten wahrscheinlich Wallache. Wenn man einen Hunnen auf einem Wallach reiten lässt, ist das dann ein Fehler?

hübsch – abgeleitet von Hof, höfisch usw. und hieß ursprünglich „gesittet, edel, wie bei Hofe“
Eine hübsche Bauernmagd würde im Hochmittelalter niemand hübsch nennen, aber einen alten Ritter, der mit tadellosen Umgangsformen mit den Damen tändelt.

Kavalier – Eine Gesellschaft, die keine edle Reiterkriegerschicht kennt, kennt auch keine Kavaliere.

Waffenmeister – Nicht etwa der Typ, der die Schwerter poliert, sondern der Geschützgießer. Wurde auch verwendet, um den Mann zu bezeichnen, der die Geschütze in Stand hält und das Pulver mischt. – In so vielen Nacherzählungen des Nibelungenlieds ist entweder der alte Hildebrand oder Hagen oder es sind gleich beide Waffenmeister … Genau. Und Luther stellte seine 95 Thesen ins Internet. (In „Dietrich von Bern“ ist der alte Hildebrand nie Waffenmeister; den Titel „Meister“ habe ich ihm aber belassen, im Sinne von „Meister des Schwertkampfes, oder des Meckerns“)

Hexe – abgeleitet von Hag (Dorngebüsch, Zaun). Nach germanischer Vorstellung reitet eine Hexe auf einem Zaun. Verwandt mit Hecke, Gehege, hegen und engl. hedge.

Kapelle – abgeleitet von lat. Cappa, Capella (Kapuzenmantel). Und wenn es um Kirchen und Mäntel geht, wissen alle Bescheid: Am Anfang dieses Begriffes steht St. Martin, der Bischof von Tours, der vor Amiens so gütig den Mantel teilte. Über seinem Mantel wurde ein Gebäude errichtet zur Verehrung der Capella, und so kam dieser Begriff in die Welt.

Frau und Weib – „Weib“ war die wertungsfreie Bezeichnung für den weiblichen Menschen, hatte also die Bedeutung inne, die heutzutage „Frau“ hat; „Frouwe“ war die adlige Frau.
Wenn man als Autor jede Bäuerin als Weib bezeichnet, wirkt die perspektivtragende Figur auf die heutigen Leser unsympathischer, als sie in Wirklichkeit ist. Darf man guten Gewissens das Wort „Frau“ mit der Bedeutung, die es für uns heute hat, ins Hochmittelalter versetzen?

bezirzen – von Kirke, der Zauberin und Femme fatale aus der Odyssee

Milde – Im Mittelhochdeutschen bezeichnete „Milte“ die Freigebigkeit. Darum baten Bettler um eine „milde Gabe“ – es durfte also schon ein bisserl mehr sein.
Lange habe ich darüber nachgegrübelt, ob ich in meinen Büchern, die im Mittelalter spielen, das Wort „mild“ im mittelhochdeutschen oder im neuhochdeutschen Sinne verwenden soll. Ganz entschieden habe ich mich noch immer nicht.

feige – althochdeutsch „zum Tode bestimmt, dem Tode nahe“, mhd. „zum Tode bestimmt, verwünscht, eingeschüchtert“
Man vergleich die zweimalige Verwendung dieses Wortes im Nibelungenlied.

blöd – mhd. „gebrechlich, zart, zaghaft“; der Bedeutungswandel zu „dumm, doof“ erfolgte erst im 16. Jahrhundert. Das sagt viel darüber aus, wie schüchterne Menschen von ihrer Umgebung wahrgenommen werden.

Was sagt uns das nun? Wie soll ein Autor verfahren, wenn er in seinem Manuskript auf ein Wort stößt, das für die Epoche seines Romans noch nicht belegt ist? Wie viel Authentizität fordern die Leser?

Eine korrekte Antwort lässt sich darauf wohl nicht finden. Während die Mehrheit der Leser sich wohl daran stoßen, wenn die Ritter im Mittelalter „trainieren“, werden die wenigsten sich darüber ärgern, wenn jemand eine Anekdote erzählt. Dabei gelangte dieses Wort erst im 18. Jahrhundert über den Umweg über Französisch in den deutschen Sprachgebrauch. Zu viel Authentizität kann wiederum wie ein Fehler wirken: Im 19. Jahrhundert forderte man sich zum Duell „auf“ Pistolen. Moderne Leser mutet das wiederum merkwürdig an. „Bube“ war früher ein Synonym für „Schurke“ – diese Bedeutung ist inzwischen verlorengegangen, und unsere heutigen Leser würden diesen Begriff nicht als Schimpfwort erkennen. Einen herausragenden Kämpfer nannte man im Mittelhochdeutschen gerne „Degen“ – mancher Leser würde sich vielleicht ärgern über die Unkenntnis der Autorin, die meint, die dünne Waffe namens Degen hätte man schon im Hochmittelalter gekannt.

Streber könnten ihrem Roman eine Liste anachronistischer Wörter anfügen. Das würde aber vermutlich niemanden interessieren und hülfe nur gegen das schlechte Gewissen. Schlussendlich muss jede Autorin selbst bestimmen, wie sehr sie sich dem Wortschatz ihrer jeweiligen Epoche annähert.

Falls jemand wie ich einmal auf den Gedanken kommt, das Wort „Hindin“ zu verwenden (die poetische Bezeichnung für eine Hirschkuh): Lieber nicht. Die Leser halten es bestimmt für einen Schreibfehler. In meinem konkreten Fall sollte der Held seine Schwester mit einer Hindin vergleichen, und meint das positiv. Die Leser hätten vermutlich alle gedacht, er vergleicht sie mit einer Hündin …

 

 

KvB 19. Oktober 2018

Gestern habe ich 10.000 Wörter diktiert und festgestellt: Das neue Buch wird ca. 350 Seiten haben. Nun muss ich noch zwei Szenen schreiben: Beide spielen auf einer Jagd (das bin ich ja gewohnt, die Typen in meinen Büchern gehen ständig zum Jagen), und es wird auch geflirtet. Eine rustikale sächsische Königstochter flirtet mit dem Protagonisten, und danach flirtet gleich eine zweite mit ihm! Ich bin gar nicht sonderlich motiviert, ich mag keine Flirtszenen, vor allem nicht, wenn meine Wormser betroffen sind. (Die Flirtszenen in „Wie man einen Kaiser erpresst“ und „Der Kaiser von Huwelreich“ waren dagegen sehr schön zu schreiben, da gefiel es mir.) Außerdem muss ich noch zwei weitere Figuren näher einführen, die in den anderen Bänden noch eine wichtige Rolle spielen werden.

In „Der König von Burgund“ treten ja viele prominente Figuren des Nibelungenlieds auf. (An die Fans von Siegfried und Brünhild: Ihr werdet enttäuscht; und an die Fans von Alberich: Gibt es euch wirklich?) Außerdem treten viele Figuren auf, die von mir stammen: Bischof Gerd, Siegberth von Thüringen, Otto von Sachsen und sein Sohn Otto, Onkel Godomar, Aribo von Eiserntal, die Grafen von Heuchelheim und von Kriegsheim, der alte Herzog und wer nicht noch alles.
ABER (und das verrate ich nur hier auf meinem Blog, es ist also ein Geheimnis zwischen uns): Puristen, die sich über diese neuen Figuren ärgern, können sich freuen. Ich brauche nämlich viele Figuren als „Kanonenfutter“. Sie werden euch nicht ewig stören. 😉

Wenn ich so rekapituliere, was bisher meine Lieblingsszenen im Burgund-Buch waren, dann sind das einerseits natürlich die Szenen, in denen Worms eine wichtige Rolle spielt (Worms ist immer die mächtige Metropole. Aber manchmal fühlt sich Worms auch an wie Huwelreichs Gutensaat, niedlich und heimelig. Bloß, dass Worms zusätzlich die Hauptstadt der Intrigen ist.) Außerdem hatte ich schon ein paar Szenen, in denen Hagen Leute manipuliert oder mit wohlbedachtem Charme zu Dingen überredet, die sie gar nicht wollen, und ich liebe Manipulationsszenen! Und ich liebe die Szenen, in denen Hagen eiskalt oder aggressiv oder unnahbar oder zornig oder alles zugleich ist (also alle Szenen mit ihm). Das Lustige daran ist, dass er sich selber für einen Mann mit Stahlnerven hält.

Was ich nicht mag, sind Flirtszenen. Würden sie sich dabei über Vielvölkerstaaten unterhalten, dann könnte das was werden, aber wir sind hier nicht in Huwelreich, sondern in Sachsen. Über Wagner können sie sich auch nicht unterhalten, denn wir sind hier im Mittelalter … Allerdings erwähne ich, dass Gunther sich für Hildegard von Bingen interessiert. Die ist zur Zeit meines Buches das Flaggschiff der Medizin! Zur Recherche für mein Buch las ich sogar „Über Ursache und Entstehung der Krankheiten“. Das war interessant … Es wird auch einen Auftritt im Burgund-Buch haben, aber nicht im ersten Teil.

Ich sollte allmählich aufhören, denn, um es mit dem Friedenfelser zu sagen: „Verzeihen Sie, ich fasle.“ – Drückt mir die Daumen, dass meine Flirtszenen gelingen!