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Die Qualen der Kreativen

Oder was denkt ein Autor wirklich bei der Veröffentlichung seines Buches?

Ich habe heute mein Lieblingsprojekt veröffentlicht. War das ein Tag zum Feiern, mit Konfetti, Champagner und hunderten Gratulanten, bestehend aus Lesern, Tanten und Unbekannten?
Nein.
Ich bin fertig mit den Nerven.
Seit das Buch veröffentlichungsreif ist, suchen mich immer dieselben Gedanken heim: Ist es wirklich gut? Ist es miserabel? Darf ich dafür überhaupt Geld verlangen? Kann ich damit den Lesern eine Freude machen, oder sollte ich der Welt einen Dienst erweisen und alles löschen?
Als ich noch im Schreibprozess war, oszillierte ich schneller von Freude zu Verzweiflung und wieder zurück; vor allem waren die Ausschläge Richtung Verzweiflung nicht so tief. Früher gab es noch gelungene Szenen und packende Handlungsstränge. Früher hatte ich Lieblingsszenen, früher fand ich die Figuren toll, früher wusste ich, dass das hier mein bisher bestes Buch ist.
Jetzt, da alles fertig ist, ist jeder Satz schlecht. Jeder Handlungsstrang ist hanebüchen oder langweilig oder rührselig, oder alles zugleich. Die Figuren sind unmöglich, am besten lösche ich alles und verbrenne das Manuskript. Am besten fange ich ganz von vorne an.
Nein, noch besser: Am besten lasse ich dieses Projekt für immer in Ruhe. Es war mein Lieblingsprojekt, es sollte herausragen aus meinen anderen Romanen, es sollte glänzen und glitzern, damit es auch den Lesern mehr gefiele als meine anderen Bücher, und es sollte großartig sein.

Es ist das schlechteste von allen geworden, denn ich bin unfähig. Andere machen alles viel besser, andere sind mit Kreativität gesegnet worden, andere können Sätze formulieren, die schimmern wie geschliffene Diamanten, und was ich schreibe, ist sprachlich sogar noch unterirdischer als die Kurznachricht, die ein Dreijähriges beim groben Herumtatschen aus Versehen verfasst hat.

Es ist das schlechteste Buch aller Zeiten, es ist so schlecht, dass die FAZ darüber eigens eine Kritik schreiben wird, die sich liest wie das Äquivalent einer öffentlichen Hinrichtung. Ein für allemal muss gesagt werden, dass nicht jeder, der sich erdreistet, ein Buch zu veröffentlichen, auch tatsächlich dazu bestimmt ist. Manche Autoren tun der Welt den größten Gefallen, wenn sie aufhören. Das Paradebeispiel bin ich.

Hunderttausend Rezensenten lauern auf mein Buch, werden es kaufen, hassen und eine Rezension verfassen. Das ist ja ihr gutes Recht, schließlich haben sie ihr teures Geld an mich verschwendet, und hätte ich das Buch verschenkt, hätten sie zumindest ihre Zeit ans Lesen verschwendet, und am besten gebe ich das Buch nie heraus.
In den sozialen Medien wird man es zerreißen, alle die Stellen, die mir besonders am Herzen lagen, ganz besonders, Memes wird man erstellen und ganze Anti-Accounts auf Tumblr. Ich werde als Negativbeispiel in Internet und Geschichte eingehen, und nie wieder werde ich mich getrauen, ein Wort zu schreiben. Hassmails werde ich bekommen, Leute werden Anwälte beauftragen und ihr Geld zurückfordern, Amazon wird mich für ewig aus seinen heiligen digitalen Hallen aussperren, und alle, die mich kennen und ohnehin nicht an mich geglaubt haben, werden mitleidig nickend vor sich hin murmeln: „Ich hatte eben schon immer Recht.“

Warum meine ich, dass ausgerechnet ich schreiben könnte? Ich kann es nicht. Ich bin schlimmer als der schlimmste Anfänger, meine Hybris war so weit wie die Milchstraße. Nichts ist lächerlicher als Stümper, die sich für Könner halten; und der lächerlichste Stümper bin ich!

Ich hasse mein Lieblingsprojekt, aber ich will nichts mehr daran ändern, ich will es zerstören. Ich dachte, es bringt mir Freude, wenn es fertig ist, aber es ist missraten. Es ist wie die Schöpfung eines verrückten Ingenieurs, die sich jetzt gegen ihn wendet und ihn vernichten wird. Das Projekt oder ich – einer von uns muss verlieren. Ich hasse es. Ich hasse es. Ich hasse es.
Die großen Probleme auf der Welt verschonen mich, sonst hätte ich keine Zeit zu hassen. Ich hasse trotzdem, denn Hass und Weisheit vertragen sich nicht.
Es gibt kein Mittelmaß mehr, nur noch Extreme: Ich zielte auf Perfektion, und ich habe nur Schrott zustandegebracht. Ich bin umgeben von Millionen guter Bücher, jedes fand irgendwo einen zufriedenen Leser, nur meines nicht.

Ich werde bekommen, was ich verdiene: Schlechte Rezensionen, Wut und Verachtung, und bald bin ich soweit, dass mir alles egal ist, dieses verdammte Lieblingsprojekt soll in der Hölle verrotten oder im Internet; vermutlich wird es nach den ersten drei schlechten Rezensionen niemand mehr kaufen, sodass es ganz hinabsteigen wird in die Grotte der vergessenen Bücher, wo es hingehört, und keinen mehr kümmert.
Ich bin nicht wichtig, und meine Bücher auch nicht. Wenn ich Pech habe, wird man sie verreißen, und wenn ich Glück habe, wird niemand dieses Buch beachten. Dann bleibt meine Unzulänglichkeit verhohlen – bis zum nächsten erfolglosen Buch.

Ich hatte Erwartungen, hoch wie die Alpen, ich habe Ängste, tief wie der Baikalsee, und was wird herauskommen? Ein paar Verkäufe in den ersten Tagen, und dann Schweigen. In allen Statistiken ist Ruh, auf allen Verkaufsrängen spürest du kaum einen Hauch, die Rezensenten schweigen im Internet. Warte nur, balde ruhest du auch.

Dann beißt man die Zähne zusammen und drückt auf „Veröffentlichen“. Weil es beim Schreiben früher so ein tolles Gefühl war, und weil man bei den anderen Büchern immer dasselbe dachte. Und weil man tief drin nicht wahrhaben will, dass das Buch miserabel ist. Vielleicht findet es irgendwo einen Leser, verrückt wie ich, dem es gefällt.
Und weil man hofft, dass Zweifel ein Zeichen von wahrem Können sind. Weil man immer noch an sich glaubt, trotzig und verbissen und vielleicht unsäglich dumm. Unbelehrbar, das bin ich.

Und weil das neue Buch, das ich gerade schreibe, also, das wird super werden, ehrlich! Vergesst die anderen, vergesst, was ich gerade veröffentlicht habe, aber das neue Projekt, das, ha!

Und weil ich eines Tages diesen Artikel lesen will und sagen: „Ich habe es geschafft.“

 

Ach ja, ist der Ritter auf dem Beitragsbild nicht supersüß? Er erinnert mich an eine Figur aus meinem Lieblingsprojekt, also, da gibt es einen, der ist so hart, auf den schlägt das Schicksal immer erbarmungslos ein, und trotzdem macht er immer weiter, und ist trotzig und unbeugsam und ich habe ein kleines bisschen einen Narren an ihm gefressen <3 … Den gibt’s in meinem neuen Buch, das wirklich super ist, oder doch nicht, oder ja, oder nein, oder

Beitrag verfasst am 2. Dezember 2018

Veröffentlichung: Der König von Burgund und die Geisel

Jeder kennt die Abenteuer von Siegfried dem Drachentöter – hier ist die Vorgeschichte seiner Feinde …
Die Königreiche Europas zittern vor Etzel, dem grausamen Hunnenkönig. Damit Burgund von seinen Reiterhorden verschont wird, muss König Gibich dem Hunnenherrscher eine Geisel stellen: Hagen von Tronje, den Sohn seines wichtigsten Beraters. Hagen schafft sich viele Feinde am Hunnenhof, doch Etzel beschließt, aus ihm den besten aller Krieger zu machen.
König Gibichs Sohn Gunther wird den Thron erben. Aber ist er wirklich geeignet, ein Reich zu führen? Gibich hegt seine Zweifel daran – da bricht ein Krieg aus zwischen Sachsen und Burgund …
Ein mächtiges Historienepos, das all die Abenteuer erzählt, die uns die alten Sagen bisher verschwiegen haben!

Der erste Band einer neuen Reihe über die Burgunden aus dem Nibelungenlied.
Der Roman ist keine Nacherzählung, sondern erweitert den bestehenden Sagenkosmos um neue Figuren und Geschichten.

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Ziele für 2019

Mit der noch ausstehenden Veröffentlichung von „Der König von Burgund und die Geisel“ habe ich dieses Jahr 5 Bücher veröffentlicht. Das ist eine ganze Menge – und das soll im nächsten Jahr noch übertroffen werden!

2019 soll alles noch besser, noch schneller und noch bunter werden: Mehr schreiben, krassere Geschichten schreiben, mehr Experimente, unvergessliche Charaktere, mehr bloggen, …

Für 2019 habe ich mir so viele Ziele gesetzt wie noch nie. Mal schauen, ob ich sie alle erreichen kann.

Hier sind sie:

Projekte für 2019

Die fettgedruckten Projekte haben Priorität; die nicht fettgedruckten können bei Bedarf auch nach 2020 verschoben werden.

Hier die Kurzliste:

  • Projekt „Antrocuna und Frauenpower“
  • Projekt „Niedergang eines Großreiches, während die Barbaren kommen“
  • Projekt „Eingesperrte Prinzessin“
  • Projekt „Ein Galgen für den Kaiser in Mexiko“
  • Projekt „Geh doch nach Griechenland, König!“
  • Projekt „Die Giftprinzessin“
  • Projekt „Das leidende Dorf“
  • Projekt „Die blinde Königin“
  • Projekt „Bagrat, der Aufstand und die Meise“
  • Projekt „Kaiser Innozenz und der Hochstapler“
  • Der König von Burgund 3
  • Gratis-Buch zu „Der König von Burgund“
  • Gratis-Buch zu den Huwelreich-Romanen des 19. Jahrhunderts

 

  • Ein Roman, der in Antrocuna spielt. Es geht um Usurpation, Krieg, Freundschaft zwischen zwei Frauen, Feuer, das nicht von Wasser gelöscht werden kann, Zwangsheirat, die Weisheit alter Großmütter und den Aufstand unterdrückter Reiche.
    Dafür vorgesehene Zeit: 4 Wochen
    Bücher, die ich noch lesen muss: Diverse Bücher über afrikanische Geschichte
  • Ein Roman, der von „Untergang des Abendlandes“ inspiriert ist. Eine niedergehende Gesellschaft! Ein mächtiges Reich, das dahinwelkt, die Schaffenskraft seiner Gesellschaft ist erschöpft, Arbeit und Schönheit werden verachtet, man preist nur noch das Hässliche und den Genuss. Religion und Monarchie werden gestürzt, in einem großen Gemetzel kommt die Herrscherfamilie und die Priesterkaste um, bis auf einen, der will seinen Thron zurückerobern. Im Norden nähert sich ein Kriegerkönig mit seinen Horden … Ja, Rom lässt grüßen.
    Dafür vorgesehene Zeit: 4 Wochen
    Bücher, die ich noch lesen muss: Untergang des Abendlandes (Ich habe immer nur darin herumgeschmökert, und fand es schon sehr interessant. Den Anfang lasse ich allerdings weg, weil der Autor sich seitenlang über die alten Griechen und Zahlen auslässt. Pi oder so …)
  • Ein Roman, der von den Merowingern inspiriert ist. Das düsterste meiner Bücher. Ein Geheimnis, das niemand wissen darf. Der Preis fürs Wissen ist furchtbar. Zwei Zwillingsschwestern, die voneinander nichts wissen. Wer Narben trägt, erhält noch mehr, und wer vom Schicksal gezeichnet wurde, findet kein Mitleid. Mit diesem Buch sind die düsteren Thematiken erledigt, versprochen.
    Dafür vorgesehene Zeit: 9 Tage, mehr könnte ich nicht aushalten
    Bücher, die ich noch lesen muss: Einige Bücher über Merowinger, davon mehrere auf Französisch
  • Ein Roman, der vom Schicksal des Maximilian von Mexiko inspiriert ist. Kaiser Franz Josephs jüngerem Bruder wurde die Krone Mexikos angetragen. Er fuhr hinüber, regierte ein paar Jahre, und wurde beim Aufstand des Benito Juarez gestürzt. 1867 wurde er in Queretaro von einem Erschießungspeloton hingerichtet. – In meinem Projekt wird aber einiges anders sein, und das Buch wird auch einen zweiten Teil nach sich ziehen. Wie in der Geschichte ist aber auch bei mir die Hauptfigur ein Bruder des österreichischen/huwelreichischen Kaisers.
    Dauer: 4 Wochen
    Notwendige Bücher zur Recherche: Div. Bücher über Geschichte Mexikos, allesamt auf Englisch oder Spanisch
  • Ein Roman, der von Ludwig I. von Bayern, Otto von Griechenland und der übersteigerten Griechenlandbegeisterung des 19. Jahrhunderts inspiriert ist. Wir kehren zunächst zurück nach Blauwittern, alsbald gehen wir aber nach Sparthen, ins Land, das in der Antike einst bedeutend war. Mal schauen, ob dort alles so großartig ist, wie die Gelehrten Erobas behaupten … Das Buch wird humorvoll werden.
    Dauer: 9 Tage (so gerne mag ich Blauwittern und Sparthen nun auch wieder nicht)
    Recherche: Div. Bücher über Otto von Griechenland, eines über Ludwig I., das ich aber schon einmal gelesen habe
  • Ein Roman über eine Prinzessin, die liebend gerne Gift verwendet. Spielt in einem erfundenen Land irgendwo im Osten, das mit seinen Nachbarländern wenig Kontakt pflegt. (Die Welt von Huwelreich ist schließlich groß.) Hat auch Ähnlichkeiten zu „Die Schöne und das Biest“ und hat auch irgendwie Ähnlichkeiten zu Brünhild aus dem Nibelungenlied. (Ohne die Wormser, tut mir leid.) Ich bin schon sehr gespannt auf das Buch, allerdings weiß ich über die Handlung bisher weniger als bei den anderen Projekten. Die Ausgangslage ist aber echt toll. Wenn mir nichts anderes einfällt, lasse ich irgendjemanden einen Staatsstreich durchführen.
    Dauer: 4 Wochen
    Bücher zur Recherche: Ich lasse meiner Fantasie freien Lauf.
  • Ein Buch über ein Dorf in der Grafschaft Zirs. (Das ist dort, wo lauter Verrückte herrschen.) Die Dorfbevölkerung wird aufgehetzt, sodass sich zwei Parteien bilden, die sich erst beargwöhnen, später hassen und dann bekämpfen. Ernstes Buch. Nicht trauriges, aber ernüchterndes Ende. Mal schauen, ob das Buch realisiert wird, obwohl die Hauptfiguren keine Kaiser sind. 🙁
    Dauer: 9 Tage
    Recherche: Ein Buch über Handwerker und Bauern und so.
  • Ein Buch über ein Land, das unlängst die Kolonialherrschaft Isolanias abgeschüttelt hat, in dem aber noch soziale Ungerechtigkeiten herrschen. Der Kampf der Unterdrückten für gleiche Rechte und der verbissene Widerstand der privilegierten Oberschicht, die ihre Privilegien nicht aufgeben will, bis eine blinde Königin in den Kampf einschreitet …
    Dauer: Keine Ahnung
    Recherche: Ein Buch über Englands Weltreich. Am besten noch mehr, aber die meisten Bücher zum Thema stehen dem Empire sehr positiv gegenüber. Ich hätte gerne etwas Neutrales bis Kritisches.
  • Ein Buch, das von Bagrat handelt. Ich habe schon eine vage Handlung im Kopf.
    Dauer: Keine Ahnung
    Recherche: Div. Bücher über die Spanier in der Neuen Welt (auf Spanisch)
  • Ein Buch über Kaiser Innozenz. Das Hauptproblem der Handlung und das Ende stehen bereits fest.
    Dauer: Keine Ahnung
    Recherche: Mal wieder ein paar Dutzend Bücher über die Kaiser des Hochmittelalters lesen
  • Der König von Burgund Teil 3
    Na, Teil 3 eben! Zur Handlung: Intrigen, Intrigen, Intrigen! Der alte Herzog enthüllt das Geheimnis, das die Leser schon längst wissen, Worms ist super, Gunther schmiedet Ränke, weil er zum ehrlichen Kampf zu feige ist, Hagen schürt Konflikte, Kriemhild wird auch wieder wichtig, neue Giftanschläge, Aufstände, Kämpfe, sogar ein bisschen Liebe. Ehrlich!
    Dauer: So lange mir es gefällt
    Recherche: Dies und das
  • Ein Gratis-Band fürs Worms-Buch
    Infos zu historischen Hintergründen (Die historischen Burgunder, Gundobad und Avitus von Vienne, der Kampf der Merowingerköniginnen und ihr kluger Schwager Guntram, Hunnen, die Zeit des Epos)
    Infos zu den Epen (das mittelhochdeutsche Epos, die Edda, die Thidrekssaga, die Dietrichsepik, der Waltharius)
    Rezeptionsgeschichte (alles, was dazugehört, und das ist eine Menge)
    Natürlich muss erwähnt werden, dass Götterdämmerung meine Lieblingsoper ist, damit ich, wenn ich eines Tages berühmt bin, eine Karte für die Festspiele geschenkt bekomme und zum glücklichsten Menschen der Welt werde (Hinweis: Ich mag übrigens konservative Inszenierungen, und meine Lieblingsopernsänger müssen mitsingen, bitte, bitte!)
    Eigene Erläuterungen
    Wie Wilhelm I. und Bismarck zur preußischen Version von Gunther und Hagen wurden
    Spoiler für das Ende der Serie*
    Dauer: Nicht länger als 2 Wochen, Lektorat und Veröffentlichungsprozess miteingerechnet
  • Ein Gratis-Band für die Huwelreich-Romane aus dem 19. Jahrhundert
    Mit historischen Hintergründen: Kapitel über die wichtigen Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts, Kaiser, Kanzler, Komponisten, Hofleben, Diplomatie und viele Anekdoten. Sollte eigentlich ganz leicht zu schreiben sein – ich schalte das Mikrofon ein, und nehme auf, was ich den lieben langen Tag so von mir gebe. Am Abend ist das Buch fertig und muss nur noch von Dialekt ins Hochdeutsche übersetzt werden.
    Dauer: Nicht länger als 2 Wochen, Lektorat und Veröffentlichungsprozess miteingerechnet
  • Ein kommerzielles Buch schreiben. Mit Liebe (oh Manno …) – ohne Monarchie (Nein! Das geht nicht!), und ohne Staatsstreiche (Wie soll das möglich sein?), ohne Giftanschläge und Politik und ohne all die Dinge, die Spaß machen.
    „Ähm – also, wenn es um Liebe gehen muss – Kann es auch die Liebe eines Untertanen zu seinem Herrscher sein? Da hab ich nämlich einen, der würde sich für seinen König –“
    „Wenn es romantisch wird, dann gerne!“
    „Also, romantisch wird es nicht. Er liebt ihn, wie ein treuer Diener seinen Herrn liebt, er würde für ihn Reiche erobern und macht für ihn Politik.“
    „Auf keinen Fall!“
    „…“

Andere schreibrelevante Ziele für 2019

 

  • Ein Organisationssystem für meine Notizen entwickeln.
    Bis jetzt hab ich da nämlich nix im Griff: Ich schreibe meine Notizen auf kleine quadratische Zettelchen, die liegen dann entweder auf dem Schreibtisch, in Gesellschaft von einem Dutzend Stiften und einem Dutzend anderer quadratischer Zettelchen, oder ich lege meine Zettelchen in eine dafür vorgesehene Box und vergesse die Zettelchen mitsamt Inhalt, weil ich nie in die Box hineinschaue. 2019 muss ich endlich ein formidables Ordnungssystem finden.
  • Mindestens einmal wöchentlich bloggen. Themen sind egal, in der Hauptsache, sie haben etwas mit meinen Büchern, den historischen Hintergründen oder dem Schreiben allgemein zu tun.
  • Einmal 5000 Wörter am Tag schreiben
  • Einmal 10.000 Wörter am Tag schreiben (?)
  • Ein ganzes Buch direkt am Computer schreiben, nicht auf Papier. Ich möchte wissen, wie sehr sich mein Schreibstil dann von dem der handgeschriebenen Bücher unterscheidet.
  • „Wie man einen Kaiser erpresst“ neu hochladen. (eBook und Druckausgabe, und ich hasse das Hochladen! Es macht mich immer so nervös.) Das Cover bleibt dasselbe.

 

* Nein, natürlich nicht! 😉

Veröffentlichung: Der Kaiser, sein Feind und der Krieg

General Rudolf von Kückenstaal taugt nicht zum Schlachtenlenker. Seine Frau Susanna dagegen ist ein Genie im Erstellen von Operationsplänen. Rudolf ist Mitarbeiter im Generalstab, seine Pläne aber stammen von seiner Frau. Dank ihres Talents gewinnt das Kaiserreich Huwelreich seine Feldzüge – doch eines Tages stirbt Rudolf. Das ist nicht nur eine Tragödie für seine Frau, das ist eine Tragödie fürs ganze Kaiserreich: Ohne Susannas Pläne wird Huwelreich seine Kriege wieder jämmerlich verlieren. Doch eine Frau beim Heer, das ist undenkbar … Da beschließt Susanna, den Tod ihres Mannes zu vertuschen und sich als General Rudolf von Kückenstaal auszugeben. Es beginnt der größte Skandal, den Huwelreich je erlebt hat.

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Historische Romane, Fantasy und Wörter

Die Merowingerkönigin Brunichild wurde 613 hingerichtet, indem man sie an die Hufe eines Pferdes band und das Pferd losgaloppieren ließ, sodass sie zwischen den Hufen zerrissen wurde. War dieser Tod sadistisch? Ja und Nein. Im Frühmittelalter gab es keine Sadisten. Dieses Wort geht nämlich zurück auf Marquis de Sade, einen Zeitgenossen der französischen Revolution. – Wir heutigen Menschen können diesen Tod der Merowingerkönigin (sie war übrigens schon Urgroßmutter) sehr wohl als sadistisch bezeichnen – verwendet jedoch eine Figur in einem historischen Roman dieses Wort, dann fällt das zumindest den Etymologie-Fans unter den Lesern negativ auf.

Ein historischer Roman oder ein Fantasyroman hat ständig mit solchen Fallstricken zu kämpfen: Alle Wörter haben eine Herkunft, und so manches aparte, scheinbar alte Wort entpuppt sich als Produkt der Neuzeit, oder entstammt einer Kultur, die in die Fantasywelt so gar nicht hineinpasst, oder ist von einem Eigennamen abgeleitet.
Autorinnen historischer Romane wollen nach Authentizität streben, und Fantasyautorinnen nach in sich stimmigen Welten. Die Schwierigkeit besteht darin, die anachronistischen, unpassenden Wörter zu erkennen – eine Aufgabe, die wohl ein einzelner Autor kaum bewältigen kann, es sei denn, er ist hauptberuflich Etymologe. Und so manches Wort, das schon früher verwendet wurde, hatte eine völlig andere Bedeutung. Das Beispiel aller Beispiele: Goethes Faust bezeichnet Gretchen als „Dirne“. Dieses Wort, das schon im Althochdeutschen gebräuchlich war, hieß jahrhundertelang nichts anderes als „Dienerin, Jungfrau, junges Mädchen“. Daher auch das Dirndl.

Es folgt eine Liste mit Wörtern, die eine interessante Herkunft haben. Die Liste basiert auf keinem ausgefeilten Prinzip; ich habe einfach die Wörter aufgeführt, die mir einfielen. (Ich wollte früher übrigens Etymologie studieren, bevor ich meine Passion für Geschichte entdeckte.)

ausmerzen – eigentlich müsste dieses Wort „ausmärzen“ heißen, aber das ging den Leuten von der Rechtschreibreform wohl durch die Lappen. Im März werden viele Lämmchen geboren; die schwachen und kränklichen Lämmchen wurden gleich geschlachtet.
Nun stellt sich gerade Fantasyautoren die Frage: Kann man etwas ausmerzen, wenn man keinen März hat? Vermutlich werden sich die wenigsten Leser daran stoßen.

zermartern – abgeleitet von Märtyrer, auch Martyrer, griech. „Blutzeuge“
Kann man sich zermartern, wenn es keine Christen gibt?

Die Wochentage – Machen wir es kurz und schmerzlos: Dienstag kommt von Tiu, dem nordischen Gott des Krieges, Donnerstag von Donar, bzw. Thor, bzw. einem super Film, Freitag von Frija bzw. Frigg, der Gattin Odins. Im Englischen verhält es sich ähnlich, hier ist zusätzlich der Wednesday der Tag Wodans.
Kann man in einer Fantasywelt von Freitag sprechen, oder zeugt das von schlechtem Weltenbau?

fechten – das bezeichnete einst jede Art von Kampf. In diesem Sinne ist das „Gefecht“ des 19. Jahrhunderts mit Schusswaffen usw. etymologisch völlig korrekt.

Kaiser – „Der Kaiser ist fürwahr ein schneidiger Mann!“ Das Wort leitet sich ab von keinem geringeren als Caesar, was „der aus dem Mutterleib Geschnittene“ bedeutet. „Zäsur“ und „Zar“ sind ebenfalls damit verwandt.

Boykott – benannt nach einem irischen Grundstücksverwalter

Litfaßsäule – benannt nach ihrem Erfinder

Lärm – aus ital. all’arme „Zu den Waffen“. Erst im Spätmittelalter/in der frühen Neuzeit als „Alarm“ und später „Lärm“ in die deutsche Sprache eingegangen.
Ich habe mich entschieden, in meinen Romanen, die im Mittelalter spielen, trotzdem das Wort „Lärm“ zu verwenden. Das aus dem Mittelhochdeutschen stammende „Getöse“ alleine reicht einfach nicht aus.

Lukullisch – im 18. Jh. gebildet; bezieht sich auf den römischen Feinschmecker Lucullus

Dolch – natürlich gab es im Mittelalter Dolche, das Wort wird jedoch erst seit dem 15. Jahrhundert verwendet und wurde wohl über das Lateinische aus dem Griechischen entlehnt.
Ich habe mich entschieden, in meinen Mittelalterromanen trotzdem das Wort „Dolch“ zu verwenden.

drakonisch – benannt nach dem alten Griechen Drakon, der für Athen Gesetze mit harten Strafen erließ

Emanzipation – aus lat. „emancipatio“ (Freilassung des Sohnes aus der väterlichen Vormundschaft)

Sklave – verwandt mit Slawe, weil zur Entstehungszeit des Wortes die meisten Sklaven Slawen waren

Muskeln – aus dem Lateinischen entlehnt am Anfang des 18. Jh. Musculus heißt eigentlich Mäuschen, weil die Bewegungen der Muskeln eines kräftigen Armes einer umherhuschenden Maus ähnlich sind.

Nerv – aus dem Lat. entlehnt am Anfang des 16. Jahrhunderts. Im Mittelalter wurden die Nerven für Sehnen gehalten und als solche bezeichnet. Auch Seil und Saite sind etymologisch mit Sehne verwandt.

Martialisch – abgeleitet von Mars, dem Kriegsgott

Steppe – Mitte des 18. Jahrhunderts aus dem Russischen entlehnt

Dollar – abgeleitet vom Taler

Figur – war schon im Mittelhochdeutschen im Gebrauch im Sinne von „plastische Darstellung“, wie auch „Gestalt, Erscheinung“

Schal – aus dem Persischen; wurde bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts „Shawl“ geschrieben

schal – das Adjektiv im Sinne von „fade“ ist erst ab dem 14. Jahrhundert im Mitteldeutschen im Gebrauch
(Trotzdem verwende ich es für einen Roman, der um 1180 spielt. Man sieht: Fast jedes Wort könnte man hinterfragen.)

faseln – erst ab dem 17. Jh. bezeugt. Früher hat man wohl nur Vernünftiges geredet.

fesch – entstanden Anfang des 19. Jahrhunderts aus engl. „fashionable“

Gruppe – Anfang des 18. Jahrhunderts im Deutschen verwendet (Übernahme aus dem Französischen). Eventuell geht das Wort jedoch auf ein germanisches Wort zurück.
Für Pedanten: Keine Gruppen im Mittelalter!

hold – Die holde Maid hat im Mittelalter eigentlich nichts zu suchen. „Hold“ wird erst seit dem 18. Jh. als Synonym für „lieblich, anmutig“ verwendet. Davor war es ein richtig schönes Feudalismus-Wort und bezeichnete das Verhältnis zwischen Lehnsherr und Lehnsmann. Einerseits hieß es „gnädig, geneigt“, andererseits „treu ergeben“. Vgl. „jemandem hold sein“
Auf die Formulierung „Mein holder Lehnsmann“ wird man in meinen Büchern jedoch vergeblich warten. Die meisten Leser würden an dieser Stelle stutzen und viel zu viel hineininterpretieren …

ach herrje – Verkürzung von „Herr Jesu“. In Welten, die Jesus nicht kennen, müsste man sich andere Ausrufe ausdenken.

Wallach – kam im 15. Jh. in den deutschen Sprachraum mit der Bedeutung „verschnittener Hengst aus der Walachei“. Der Name der Walachei wiederum basiert auf dem slaw. Wort für romanische Länder.
Auch schon die Hunnen hatten wahrscheinlich Wallache. Wenn man einen Hunnen auf einem Wallach reiten lässt, ist das dann ein Fehler?

hübsch – abgeleitet von Hof, höfisch usw. und hieß ursprünglich „gesittet, edel, wie bei Hofe“
Eine hübsche Bauernmagd würde im Hochmittelalter niemand hübsch nennen, aber einen alten Ritter, der mit tadellosen Umgangsformen mit den Damen tändelt.

Kavalier – Eine Gesellschaft, die keine edle Reiterkriegerschicht kennt, kennt auch keine Kavaliere.

Waffenmeister – Nicht etwa der Typ, der die Schwerter poliert, sondern der Geschützgießer. Wurde auch verwendet, um den Mann zu bezeichnen, der die Geschütze in Stand hält und das Pulver mischt. – In so vielen Nacherzählungen des Nibelungenlieds ist entweder der alte Hildebrand oder Hagen oder es sind gleich beide Waffenmeister … Genau. Und Luther stellte seine 95 Thesen ins Internet. (In „Dietrich von Bern“ ist der alte Hildebrand nie Waffenmeister; den Titel „Meister“ habe ich ihm aber belassen, im Sinne von „Meister des Schwertkampfes, oder des Meckerns“)

Hexe – abgeleitet von Hag (Dorngebüsch, Zaun). Nach germanischer Vorstellung reitet eine Hexe auf einem Zaun. Verwandt mit Hecke, Gehege, hegen und engl. hedge.

Kapelle – abgeleitet von lat. Cappa, Capella (Kapuzenmantel). Und wenn es um Kirchen und Mäntel geht, wissen alle Bescheid: Am Anfang dieses Begriffes steht St. Martin, der Bischof von Tours, der vor Amiens so gütig den Mantel teilte. Über seinem Mantel wurde ein Gebäude errichtet zur Verehrung der Capella, und so kam dieser Begriff in die Welt.

Frau und Weib – „Weib“ war die wertungsfreie Bezeichnung für den weiblichen Menschen, hatte also die Bedeutung inne, die heutzutage „Frau“ hat; „Frouwe“ war die adlige Frau.
Wenn man als Autor jede Bäuerin als Weib bezeichnet, wirkt die perspektivtragende Figur auf die heutigen Leser unsympathischer, als sie in Wirklichkeit ist. Darf man guten Gewissens das Wort „Frau“ mit der Bedeutung, die es für uns heute hat, ins Hochmittelalter versetzen?

bezirzen – von Kirke, der Zauberin und Femme fatale aus der Odyssee

Milde – Im Mittelhochdeutschen bezeichnete „Milte“ die Freigebigkeit. Darum baten Bettler um eine „milde Gabe“ – es durfte also schon ein bisserl mehr sein.
Lange habe ich darüber nachgegrübelt, ob ich in meinen Büchern, die im Mittelalter spielen, das Wort „mild“ im mittelhochdeutschen oder im neuhochdeutschen Sinne verwenden soll. Ganz entschieden habe ich mich noch immer nicht.

feige – althochdeutsch „zum Tode bestimmt, dem Tode nahe“, mhd. „zum Tode bestimmt, verwünscht, eingeschüchtert“
Man vergleich die zweimalige Verwendung dieses Wortes im Nibelungenlied.

blöd – mhd. „gebrechlich, zart, zaghaft“; der Bedeutungswandel zu „dumm, doof“ erfolgte erst im 16. Jahrhundert. Das sagt viel darüber aus, wie schüchterne Menschen von ihrer Umgebung wahrgenommen werden.

Was sagt uns das nun? Wie soll ein Autor verfahren, wenn er in seinem Manuskript auf ein Wort stößt, das für die Epoche seines Romans noch nicht belegt ist? Wie viel Authentizität fordern die Leser?

Eine korrekte Antwort lässt sich darauf wohl nicht finden. Während die Mehrheit der Leser sich wohl daran stoßen, wenn die Ritter im Mittelalter „trainieren“, werden die wenigsten sich darüber ärgern, wenn jemand eine Anekdote erzählt. Dabei gelangte dieses Wort erst im 18. Jahrhundert über den Umweg über Französisch in den deutschen Sprachgebrauch. Zu viel Authentizität kann wiederum wie ein Fehler wirken: Im 19. Jahrhundert forderte man sich zum Duell „auf“ Pistolen. Moderne Leser mutet das wiederum merkwürdig an. „Bube“ war früher ein Synonym für „Schurke“ – diese Bedeutung ist inzwischen verlorengegangen, und unsere heutigen Leser würden diesen Begriff nicht als Schimpfwort erkennen. Einen herausragenden Kämpfer nannte man im Mittelhochdeutschen gerne „Degen“ – mancher Leser würde sich vielleicht ärgern über die Unkenntnis der Autorin, die meint, die dünne Waffe namens Degen hätte man schon im Hochmittelalter gekannt.

Streber könnten ihrem Roman eine Liste anachronistischer Wörter anfügen. Das würde aber vermutlich niemanden interessieren und hülfe nur gegen das schlechte Gewissen. Schlussendlich muss jede Autorin selbst bestimmen, wie sehr sie sich dem Wortschatz ihrer jeweiligen Epoche annähert.

Falls jemand wie ich einmal auf den Gedanken kommt, das Wort „Hindin“ zu verwenden (die poetische Bezeichnung für eine Hirschkuh): Lieber nicht. Die Leser halten es bestimmt für einen Schreibfehler. In meinem konkreten Fall sollte der Held seine Schwester mit einer Hindin vergleichen, und meint das positiv. Die Leser hätten vermutlich alle gedacht, er vergleicht sie mit einer Hündin …

 

 

KvB 19. Oktober 2018

Gestern habe ich 10.000 Wörter diktiert und festgestellt: Das neue Buch wird ca. 350 Seiten haben. Nun muss ich noch zwei Szenen schreiben: Beide spielen auf einer Jagd (das bin ich ja gewohnt, die Typen in meinen Büchern gehen ständig zum Jagen), und es wird auch geflirtet. Eine rustikale sächsische Königstochter flirtet mit dem Protagonisten, und danach flirtet gleich eine zweite mit ihm! Ich bin gar nicht sonderlich motiviert, ich mag keine Flirtszenen, vor allem nicht, wenn meine Wormser betroffen sind. (Die Flirtszenen in „Wie man einen Kaiser erpresst“ und „Der Kaiser von Huwelreich“ waren dagegen sehr schön zu schreiben, da gefiel es mir.) Außerdem muss ich noch zwei weitere Figuren näher einführen, die in den anderen Bänden noch eine wichtige Rolle spielen werden.

In „Der König von Burgund“ treten ja viele prominente Figuren des Nibelungenlieds auf. (An die Fans von Siegfried und Brünhild: Ihr werdet enttäuscht; und an die Fans von Alberich: Gibt es euch wirklich?) Außerdem treten viele Figuren auf, die von mir stammen: Bischof Gerd, Siegberth von Thüringen, Otto von Sachsen und sein Sohn Otto, Onkel Godomar, Aribo von Eiserntal, die Grafen von Heuchelheim und von Kriegsheim, der alte Herzog und wer nicht noch alles.
ABER (und das verrate ich nur hier auf meinem Blog, es ist also ein Geheimnis zwischen uns): Puristen, die sich über diese neuen Figuren ärgern, können sich freuen. Ich brauche nämlich viele Figuren als „Kanonenfutter“. Sie werden euch nicht ewig stören. 😉

Wenn ich so rekapituliere, was bisher meine Lieblingsszenen im Burgund-Buch waren, dann sind das einerseits natürlich die Szenen, in denen Worms eine wichtige Rolle spielt (Worms ist immer die mächtige Metropole. Aber manchmal fühlt sich Worms auch an wie Huwelreichs Gutensaat, niedlich und heimelig. Bloß, dass Worms zusätzlich die Hauptstadt der Intrigen ist.) Außerdem hatte ich schon ein paar Szenen, in denen Hagen Leute manipuliert oder mit wohlbedachtem Charme zu Dingen überredet, die sie gar nicht wollen, und ich liebe Manipulationsszenen! Und ich liebe die Szenen, in denen Hagen eiskalt oder aggressiv oder unnahbar oder zornig oder alles zugleich ist (also alle Szenen mit ihm). Das Lustige daran ist, dass er sich selber für einen Mann mit Stahlnerven hält.

Was ich nicht mag, sind Flirtszenen. Würden sie sich dabei über Vielvölkerstaaten unterhalten, dann könnte das was werden, aber wir sind hier nicht in Huwelreich, sondern in Sachsen. Über Wagner können sie sich auch nicht unterhalten, denn wir sind hier im Mittelalter … Allerdings erwähne ich, dass Gunther sich für Hildegard von Bingen interessiert. Die ist zur Zeit meines Buches das Flaggschiff der Medizin! Zur Recherche für mein Buch las ich sogar „Über Ursache und Entstehung der Krankheiten“. Das war interessant … Es wird auch einen Auftritt im Burgund-Buch haben, aber nicht im ersten Teil.

Ich sollte allmählich aufhören, denn, um es mit dem Friedenfelser zu sagen: „Verzeihen Sie, ich fasle.“ – Drückt mir die Daumen, dass meine Flirtszenen gelingen!

Autoren-Anfängerfehler, die ihr noch nicht kennt

Wer diesen Artikel liest, ist mit Sicherheit eines: kein Anfänger. Anfängerautoren lesen grundsätzlich keine Artikel über Anfängerfehler. Warum auch? Sie sonnen sich ja noch im seligen Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Wer nicht an sich zweifelt, ist entweder ein Amateur oder ein wahrer Meister, und die Anfänger optieren in ihrem Falle alle für den wahren Meister. (Und niemand gibt es gerne zu, aber genossen wir nicht alle einst diese ersten Jahre unbekümmerter Stümperei, und hielten uns für größer, als wir waren?)

Nur geübte Autoren lesen Artikel über Anfängerfehler, vornehmlich in Phasen wankender Motivation, um sich daran zu freuen, dass man diese Fehler nicht begeht und ergo ein guter Autor sein muss. (Und die alten Manuskripte, in denen man all diese Fehler beging, bleiben verborgen auf alten Festplatten oder in staubigen Schubladen.)

Hier sind die ärgerlichsten Anfängerfehler, denen noch niemand entkommen ist, und die bisher noch nicht gesammelt worden sind!

Alle Figuren sind intelligent, und die Heldin am allermeisten

Eine Protagonistin, deren IQ geringer ist als 130? Auf keinen Fall, das darf es nicht geben! Bestenfalls ist die Figur sogar klüger als Einstein, und am allerbesten ist es, wenn der Leser das gleich auf den ersten Seiten erfährt. Er muss ja schließlich wissen, dass er es mit einem Genie zu tun hat.

In der überwältigenden Mehrheit der Fälle sind die Schlaumeier unter den literarischen Figuren noch Jugendliche, und verhalten sich für den Rest des Buches wie normale Teenager, oder, noch schlimmer: wie sehr unbesonnene Teenager.

Warum Anfängerautoren Hochbegabte und Hochintelligente so lieben, liegt auf der Hand: Die überragenden geistigen Fähigkeiten sollen bei den Lesern Bewunderung auslösen, und am besten folgern die Leser gleich, dass, wer eine solch kluge Figur erschaffen hat, auch selber superklug sein muss!

Alte Bauernweisheit: Was man erst mühsam erklären muss, ist nicht offensichtlich. Wenn der Autor uns wortreich versichert, sein Protagonist sei ein neuer Newton, ein neuer Goethe oder wer auch immer, dann hat er schon Minuspunkte gesammelt. Die Intelligenz der Figur sollte aus ihren Aktionen, Gedankengängen und ihrem Verhalten hervorgehen. Eine Behauptung von Seiten eines übereifrigen Erzählers reicht nicht, die heutigen Leser zu überzeugen.

„Das ist Friedhelm. Friedhelm ist auf einem Eliteinternat. Friedhelm ist total klug. Ich weiß zwar nicht, wie ich das zeigen kann, aber wenn ich als Autor das sage, stimmt es auch!“

Sorgfältigere Anfänger versuchen, uns die Intelligenz der Figuren zu zeigen. Nun könnte man die Figur zum Beispiel eine hochkomplexe Rechenaufgabe lösen lassen, deren Lösung nur die klügsten 1% der Weltbevölkerung verstehen – doch das habe ich bisher noch in keinem Buch gelesen. Liegt vielleicht daran, dass die meisten Autoren schon als Schüler eine Privatfehde mit Mathematik führten. (Und nein, ich hätte die Rechenaufgabe auch nicht verstanden.) – Die liebste Lösung der Anfänger: Die Figur hat Bildung, vornehmlich auf dem Gebiet der Geschichte. Wer nämlich weiß, dass Jaques de Molay der letzte Großmeister der Templer war oder dass sich Napoleon am 2. Dezember 1804 zum Kaiser krönte, der ist ja eindeutig klug!
Glaubt mir, das stimmt nicht. Bildung und Intelligenz sind kein Dioskurenpaar. (Ich erzähle ständig Anekdötchen aus der Geschichte, und mich halten alle für verrückt! Am Habsburger Kaiserhof gab es zu Jahresanfang zwei große Bälle. Der Ball bei Hof und der Hofball. – Heinrich IV. hat beim Versöhnungsmahl in Canossa übrigens nichts gegessen, sondern nur mit dem Fingernagel die Tischplatte zerkratzt, Kaiser Franz Joseph starb am 21. November 1916, und am 21. November 1874 hat Wagner die Partitur der Götterdämmerung vollendet und sich danach schrecklich mit Cosima gestritten, weil der Schwiegervater kommen wollte, und Kaiser Franz II./I. stellte gerne Pralinen her und spielte mit Metternich und zwei anderen im Quartett. – Und, beeindruckt? Nein? Eben …)

Warum diese Abneigung gegen Normalbegabte? Warum müssen alle Leute Genies sein? Normal ist völlig wunderbar, und es gibt viele andere schöne Eigenschaften, die eine Figur besitzen kann. Sozialkompetenz, Loyalität, Mut …

Transitszenen

Anfängerautoren schildern mit Hingabe, wie jemand von A nach B gelangt. Gerade während der Exposition häufen sich diese Szenen, die nichts zur Handlung beitragen und niemanden interessieren. Ob die Figur mit dem Fahrrad zum nächsten Handlungsort gelangt oder mit dem Zug, ob sie eine BahnCard hat oder der Zug Verspätung, ob sie ein Taxi nimmt oder die U-Bahn – das ist nicht von Belang. Tatsächlich kann man die Szene sogar am einen Ort abbrechen und erst am anderen Ort wiederaufnehmen – die Leser kommen trotzdem mit!

(Wenn die Transitszene verwendet wird, um wichtige Details zu übermitteln, wie wichtige (!) Gedanken der Figur, die Atmosphäre des Schauplatzes o. Ä. kann sie ihre Berechtigung haben.)

Das Alltägliche, geschildert mit Liebe zum Detail

Wieso schreiben gefühlt alle Anfängerautoren, wie sich ihre Figuren duschen, anziehen, was sie frühstücken (und sei es auch nur Kaffee), und oft auch noch, wie sie sich schminken? (Und warum pflegt sich eigentlich niemand nach der koreanischen 10-Schritt-Routine?)

Das hat keinen Nutzen für den Leser, schließlich ist der Alltag der meisten Leser dem geschilderten Alltag ziemlich ähnlich und deshalb langweilig. Doch keine Sorge: Nachdem man hingebungsvoll ein oder zwei uninteressante Alltagserlebnisse beschrieben hat, wird es auch dem Anfänger zu langweilig, und er würzt beim nächsten Mal seine Frühstücksszene mit einem Kometeneinschlag oder einem Angriff von Einhorn-Aliens.

Wer sich lieber in historischen oder Fantasy-Settings tummelt, hat natürlich Glück. Der Alltag einer vergangenen Epoche oder einer erfundenen Welt kann dank seiner Fremdartigkeit durchaus interessant sein.

Alle sind sooo lieb zur Hauptfigur!

Selbst Pappeln und Laternenpfosten verneigen sich vor ihr, wildfremde Leute haben das Bedürfnis, sie zur Alleinerbin ihres nicht unbedeutenden Vermögens zu bestimmen, und bald hat die Hauptfigur eine Schar entschlossener Getreuer um sich gesammelt, die sich für sie sogar in Stücke reißen ließen, wenn es sein müsste!

Vor allem, wenn völlig Fremde sofort Zuneigung zum Protagonisten fassen, ist das ein Warnzeichen. Dass ein Milliardär nach nur einem kurzen Gespräch einen Jugendlichen an Sohnes Statt annimmt, ist nicht mehr glaubwürdig, das ist Wunschdenken von Seiten des Autors. Das Problem ist: Wenn alle die Hauptfigur lieben, liebt sie eine mit Sicherheit nicht: Die Leserin.

(Das ist zwar kein großer Verdienst, aber diesen Fehler beging ich nie, und es gibt wohl noch einige Autoren mehr, die ihre Hauptfiguren nicht in Watte packten. Wir begingen dafür den folgenden Fehler:)

Alle sind sooo böse zur Hauptfigur!

Oh, Drama! Oh, Elend, oh Undank, schändlichster Lohn! Oh Schmach, oh Schande! Wehe mir, dem jammervollsten Protagonisten!

Seine Feinde hassen ihn. Seine Freunde auch. Seine Eltern, wenn sie denn noch leben, hassen ihn ebenfalls. Falls ihn seine Eltern geliebt haben, sind sie gleich nach seiner Geburt gestorben.
Wo er auch wandelt, Unheil ist sein Geleit und Verachtung sein Brot. Seine Tränen versalzen ihm den Trank, und wenn er nicht gerade verprügelt wurde, dann wird er in einer Schlacht halb totgeschlagen oder irgendwo unschuldig geteert und gefedert.

Anfängerautoren wissen noch nicht, dass auch Leid überdosiert werden kann. Leiden die Figuren ohne Ende, verwirken sie das Mitleid des Lesers, denn die Schicksalsschläge, die einzeln ernst und schmerzvoll wären, werden banalisiert, wenn sie auf die Figur herabprasseln wie ein Regenguss. Fiktives Leid kann die Leser tief berühren, denn es weckt in ihnen Erinnerungen an schmerzvolle Ereignisse aus dem echten Leben oder dient als „Memento mori“; doch dazu muss man ihm Raum geben. Wenn man Elend auf Elend und Qual auf Qual häuft, heben sich alle gegenseitig auf; dann ist die Handlung nicht mehr tragisch, sondern nur noch ein Potpourri der Scheußlichkeiten.

Interessanterweise umschiffen die Verursacher dieses Fehlers souverän eine andere Klippe der Schriftstellerei: die Klippe namens „Wenn sie nicht daran zerschellen, werden sie nur stärker!“ – Die Figuren in Trivialromanen erfreuen sich ja oft übermenschlicher Resilienz, erleben die schlimmsten Traumata, und wandeln am Ende in ihr rosarotes Happy-End, ohne den kleinsten Kratzer in der Psyche. Krieg? Verkraftet! Die Familie wurde vor seinen Augen ermordet? Verkraftet! Er hing am Galgen, fiel aber nach drei Minuten herunter, weil unter seiner Muskelmasse der Strick abriss? Verkraftet! – Die Anfänger mit Hang zur Überdosierung des Dramas unterwerfen sich hier nicht dem Mainstream. Hier gibt es gebrochene Figuren und zerschundene Seelen, hier trägt man an den Sünden der Väter noch bis in die nächste Generation, hier ist Liebe nicht das Allheilmittel, weil eine komplette Heilung nicht möglich ist.

(Ich hatte auch solch einen „Liebling des Unheils“ in einem meiner frühen Projekte. Was der nicht alles aushalten musste!)

Pseudophilosophisches Gelaber

Anfängerautoren neigen dazu, weitschweifig über die Welt, deren Sinn oder Unsinn, Frieden und Freiheit, Bücher und Demokratie und dergleichen mehr zu schwadronieren; in der Hauptsache, es klingt umständlich und poetisch. Wenn diese Gedankengänge Tiefe aufweisen, dann sei ihnen das gegönnt; meistens sind sie aber sehr seicht, fast jeder hat schon einmal dasselbe gedacht bei einem Anfall von Sentimentalität, und wenn in wuchtigen Worten nur Plattitüden geschildert werden, ist das eigentlich ziemlich peinlich. Die besten Einsichten sind übrigens kurz und knapp und passen in ein Bonmot. Selbst ein Aphorismus, der nur eine Binsenweisheit elegant ausdrückt, ist pseudoweisem Gefasel jederzeit vorzuziehen.

„Wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Zuknöpfen nicht zurande.“ (Goethe)

„Es liegt in der menschlichen Natur, daß man von jeder Einrichtung die Dornen stärker empfindet als die Rosen.“
(Bismarck)

Wir haben’s zwar alle auch schon vorher gewusst, aber so schön hat es noch niemand ausgedrückt!

Die Figur wird minutiös beschrieben

Gerade junge Autorinnen verspüren das Bedürfnis, dem Leser die (weibliche) Hauptfigur in allen Einzelheiten zu schildern, damit er sie ganz genau kennen und lieben lernt. Da erfährt man, dass die Augen der Protagonistin bei Tageslicht eine andere Nuance von Blau aufweisen als bei künstlichem Licht, und dass ihre Unterlippe im Vergleich zur Oberlippe ein wenig zu voll ist. Wir erfahren die Kleidergröße der Heldin, aber nie ihren BMI, und wir erfahren, welche Musikbands sie mag, welche Serien und welche Filme.

Noch hingebungsvoller werden wir über das Innenleben der Figur unterrichtet: Anstatt uns zu zeigen, wie der Charakter der Figur beschaffen ist, wird es uns erklärt. Sie ist fröhlich und lieb, manchmal sogar zu lieb, sie ist sehr tolerant und versteht sich bestens mit allen ihren Mitmenschen. (Auftritt einer zweiten weiblichen Person, die nicht die beste Freundin ist: Bumm! Die engelshafte Hauptfigur wird zur Gift und Galle speienden Furie, denn Frauen sind alle Zicken, und es darf nicht sein, dass in diesem Roman ein weibliches Wesen umherschwebt, das heißer oder klüger oder fähiger als die Heldin ist! Alle Menschen sind lieb, aber diese eine, diese eine – die ist die Bitch!ParExcellence!)

Besonders auffällig: Oft wird eine unbedeutende Aktion der Figur gleich um den Zusatz ergänzt, dass sie normalerweise ganz anders handeln würde.
„Ich entschied mich für die Schinkenpizza, aber normalerweise nahm ich immer die mit Salami. – Als Abschlussballkleid suchte ich ein gelbes Prinzesskleid aus, obwohl ich für gewöhnlich lieber Lila trug. – Der Bariton gefiel mir bei dieser Aufführung nicht, obwohl für gewöhnlich jeder Bariton mein Herz zum Schmelzen bringt.“
Wenn man einmal darauf achtet, stolpert man ständig darüber. Mal im Vertrauen: Wenn etwas nach Self-Insert schreit, dann das hier. Warum sollte es wichtig sein, dass wir über die unbedeutenden Kleider- oder Essensvorlieben der Protagonistin unterrichtet werden? Und wenn es denn unbedingt in die Geschichte hineinmuss, warum dann auf diese umständliche Weise, dass sich die Figur für etwas entscheidet, für das sie sich eigentlich nicht entscheiden würde, und sich deshalb genötigt sieht, uns zu erläutern, was ihr normalerweise gefällt?

Im wahren Leben enthalten viele Gespräche solche Wortwechsel. „Was willst du anschauen?“ – „Eigentlich mag ich keine Horrorfilme, aber dieser hier, bei dem der Kaiser und der Papst sich mitten im Investiturstreit verbünden, um die verheerende Invasion der Drachen zu beenden, spricht mich an.“ – Wunderbar, hier hat ein derartiges Gespräch seine Berechtigung; bestenfalls merkt sich das Gegenüber, dass es beim nächsten Horrorfilm jemand anderen mitnehmen muss. Aber bitte erspart uns das in Romanen!

Nur, wenn sich die Figur normalerweise für besondere Dinge entscheiden würde, jetzt aber mit dem Normalen Vorlieb nimmt, haben diese Erläuterungen ihre Berechtigung: „Für gewöhnlich vergiftete der Mörderkoch seine Opfer mit Mandeltörtchen; aber weil dem wackeren Apotheker die Blausäure gestern ausgegangen war, buk er für sein nächstes Opfer eben Muffins und bestreute sie mit Schneckenkorn.“

Kaffee

Zwei Fehler mit Kaffee:

In den Büchern erwachsener Autorinnen trinken Jugendliche Kaffee. Aber – welcher Jugendliche macht das? Als ich noch in der Schule war, zu der Zeit, als die wackeren Tageslichtprojektoren verdrängt wurden von diesen zickigen Beamern und den bescheuerten Plakatwänden – da trank von meinen 60, 70 Mitschülern des Jahrgangs nur ein einziger Kaffee. Wie war es bei euch? Die Kaffeephase bricht später an, oder nicht?

Und zweitens: Wenn die Hauptfigur Kaffee zu sich nimmt, wird immer erwähnt, ob Milch oder Zucker rein muss, am besten noch wie viele Löffel/welcher Anteil Milch … Aber – welche Leserin soll das interessieren? Wenn es etwas gibt, das nicht zur Handlung beiträgt, dann die Kaffeewünsche der Hauptfigur! Warum müssen die Leserinnen das wissen? (Es sei denn, er wünscht statt Milch Blut. Dann hat er sich verraten und ist ein Vampir.)

Oder sollen die Kaffeevorlieben zur Charakterisierung dienen? Wer den Kaffee schwarz trinkt, ist hart und unbeugsam, wer ihn mit Milch mag, ist sanft und natürlich, und wer ihn mit Zucker nimmt, ist süß und lieb? (Das ist falsch, sagen die Historiker.)

Es gibt hunderte gute Möglichkeiten, die Figur nebenbei zu charakterisieren. Die Vorlieben in Bezug auf Kaffee taugen nicht dazu.

Die rechte und die linke Hand der Protagonistin

In Anfängertexten winkt jemand mit der Hand. Andere nicken mit dem Kopf. Manche nicken zustimmend. Manche ergreifen die Klinke einer Tür mit der rechten Hand, drücken sie nach unten, stoßen die Türe auf und gehen hinaus. Andere schlagen das rechte Bein über das linke, setzen den rechten Ellenbogen aufs Knie und stützen das Kinn auf der rechten Hand ab. (Der Vogelweide war kein Anfänger, der stellte uns frei, welches Knie und welcher Ellenbogen gemeint sind.)

Manche neigen auch dazu, Orte derart genau zu beschreiben. Was steht rechts, was links, und ist das Bett nun links vom Papierkorb oder davor, und steht der Rucksack zwischen dem Tisch und dem Kühlschrank?

Absolut unwichtig. Das Bild, das der Leser im Kopf hat, muss nicht dem des Autors entsprechen wie ein Foto der Wirklichkeit. Eine grobe Ähnlichkeit reicht; die genaue Position irgendwelcher unwichtiger Gegenstände ist Wurscht. Für Gesten gilt dasselbe: Welcher Arm jetzt was tut, ist fast immer bedeutungslos; wenn man minutiös die Abläufe von Bewegungen schildert, verlangsamt man nämlich den Lesefluss ungemein. Linkes Bein, rechter Arm, linker Trizeps, rechter Quadrizeps, was wird das, Walzer oder ein Workout oder wie? Ach nein, wir erfahren, wie sich die Figur zum Schlafen bettet.

(Ausnahmen: Jemand hebt die linke Hand zum Schwur, obwohl er eine Rechte hat. Der hat bestimmt böse Absichten, dass er die falsche Hand nimmt! – Jemand schließt eine Ehe zur linken Hand. – Zwei Bischöfe streiten sich darüber, wer an des Königs rechter Seite sitzen darf. Der Streit endet in Mord und Totschlag. –> siehe Goslarer Sesselstreit)

Sagen wir „Du“ zu uns!

Dieser Trend ist überall! Höherrangige/ältere Nebenfigur sagt zur Hauptfigur: „Aber mein Lieber, ich bitte dich, sag Du zu mir!“ – Und dann verspricht sich die Hauptfigur in JEDEM BUCH und spricht ihr Gegenüber erst noch einmal aus Gewohnheit mit Sie an, ehe sie sich selber korrigiert. „Ich danke Ihnen, Herr Knalltüte – äh, DIR, Waldemar.“

Das ist wie eine Plage! Es ist überall! Selbst in einem meiner alten Historiendramen machen die das! Hilfe!

Fun Fact: Wilhelm I., damals noch Bruder des Thronerben, und seine Frau Augusta gingen erst mehrere Wochen nach der Hochzeit zum Du über. Wilhelms jüngerer Bruder und Augustas ältere Schwester hatten auch geheiratet, und die waren schon am Morgen nach der Hochzeit beim Du! Was Wilhelm und Augusta wohl davon hielten?

Fun Fact 2: Die Kurzgeschichte „Huwelreich – 2 Jahre später“ ist von dieser Anekdote inspiriert.

Zu viele Figuren auf einmal einführen

Anfänger überschwemmen die arglose Leserin gerne einmal mit ihrem Personal. Wenn in der ersten Szene die Heldin, ihre beste Freundin, der große Bruder der besten Freundin und der kleine Bruder der besten Freundin darüber debattieren, dass irgendjemand vermisst wird und jetzt gesucht werden sollte – nein, das ist zu viel des Guten. Zwar ist die Anzahl der Figuren überschaubar, und Leser sind schlaue Leute – aber trotzdem ist es unhöflich, dem Leser gleich eine ganze Handvoll neuer Figuren hinzuwerfen, von denen er nicht weiß, wer nun für den Handlungsverlauf von Bedeutung sein wird, und wer nicht mehr ist als Staffage. (Wenn die Staffage-Figuren keine Namen haben, sondern nur Berufsbezeichnungen etc. ist das hilfreich, denn nun sind sie schon fein einsortiert in die Kategorien „wichtig, weil wir kennen den Namen“ und „unwichtig, weil wir den Namen nicht kennen müssen“).

Auch wenn mehrere Figuren in der Szene auftreten, aber nur wenige miteinander interagieren, ist das in Ordnung. (A la: „Auf dem Ball unterhalten sich die zwei besten Freundinnen mit dem greisen weisen Kanzler, und ab und zu weht Prinz Ludwig vorbei und zwinkert der Heldin zu, oder die Tratschtante Gräfin Guthild redet schon seit einer halben Stunde auf die arme Margarete ein. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf dem Gespräch der drei Erstgenannten.)  Hier wird der Leser darauf vorbereitet, dass in den Folgeszenen noch einige Figuren mehr dazukommen werden, die der Hauptfigur schon bekannt sind. Der Leser aber hat die erste Gruppe schon kennengelernt, und wird deshalb von der ausführlicheren Einführung der nächsten Gruppe nicht überfordert.

Zu schnelle Perspektivwechsel

Dieser Fehler ist mit dem vorhergehenden verwandt. Natürlich ist es eine der schönsten Sachen des Bücherlesens und -schreibens, dass man in verschiedene Köpfe hineinsehen kann. Extrapunkte, wenn sich die Sichtweisen der Figuren sprachlich deutlich unterscheiden! Damit diese Technik aber ihre Wirkung entfaltet, dürfen die Szenen unterschiedlicher Figuren nicht zu kurz sein. Sie sollten sich mindestens über mehrere Seiten erstrecken.

In den Texten von Anfängern erfolgen die Perspektivwechesel oft viel zu schnell. Vielleicht versprechen sich die Autoren davon eine Steigerung der Spannung – doch das Gegenteil ist der Fall. Der Text wirkt atemlos, es kommt kein Lesefluss auf, und das ständige Umherspringen zwischen verschiedenen Köpfen ist unangenehm. Was die jeweilige Figur erlebt, kann im Leser nicht nachhallen, denn schon wird es unterbrochen von einem neuen Schnipsel.

Später im Roman mag diese Technik ihre Berechtigung haben; gerade beim Finale kann die Geschichte aufgrund des schnellen Wechsels von Schauplätzen und Perspektivträgern rasant an Fahrt aufnehmen. Doch die Technik funktioniert nur, weil die Leser zu diesem Zeitpunkt mit den Figuren wie auch den Umständen vertraut sind; wenn die Geschichte am Anfang zwischen wildfremden Figuren an unbekannten Schauplätzen in unbekannten Situationen oszilliert, entsteht nicht Spannung, nur Überdruss.

Ähnliche Namen

Alina, Alex, Andrea und Anna sind zu viel des Guten. Norbert und Herbert? Franz und Karl? Lieber nicht. Ulf und Urs? Sehr fies. – Gerd, Gernot und Gere? Das wird interessant werden.

Dieselben Anfangsbuchstaben sind ziemlich kritisch. Wenn die Namen dafür unterschiedlich lang sind, kann es gehen. Fritz und Fidelius sind dann doch recht gut auseinanderzuhalten. Auch ähnliche Endsilben können zu Verwirrung führen, und sogar ähnliche oder gleiche Vokale: Tatsächlich habe ich beim Lesen meines eigenen Buches manchmal Dietrich und Hildebrand verwechselt.

Einfach unbeschreiblich!

Wenn eine Figur in der wörtlichen Rede das Wörtchen „unbeschreiblich“ verwendet, will ich nicht meckern. Aber wenn der Erzähler etwas als „unbeschreiblich“ bezeichnet und dann davon ausgeht, die Leser sind von diesem unbeschreiblichen Objekt/Ereignis/Wesen ebenso hingerissen wie der Autor selber, dann hat er sich getäuscht. Wer Autor sein will, darf vor dem Unbeschreiblichen nicht kapitulieren.

Nervige Ticks, die keine sein sollen

Den Figuren Ticks zu verleihen, ist eine charmante Idee. Sie scheinen dadurch gleich plastischer. (Das Dumme daran ist, dass man diese Ticks über ein ganzes Buch hinweg beibehalten muss. Und dabei neigen doch Ticks dazu, plötzlich in der zweiten Hälfte zu verschwinden, weil der Autor sie vergessen hat! Irgendeine aufmerksame Leserin bemerkt es immer. Lesern entgeht nichts. (Außer vielleicht das kaum wiederzuerkennende Bismarckzitat, das ich einer Figur in „Dietrich von Bern“ aufoktroyiert habe. Ich hätte es fast selber nicht mehr erkannt.))

Anders verhält es sich mit Handlungen, die immer wiederkehren, ohne dass es dem Autor bewusst ist. Das kann rasch nervig werden. Ganz beliebt ist – das Lächeln. Im wahren Leben eine schöne Sache – aber in Büchern sollte man es sparsam einsetzen. Dauerlächler sind echt nervig.
Auch das „auf der Unterlippe kauen“ kann schnell zu viel werden und wirkt außerdem sehr kindisch. Einmal las ich ein Buch, in dem die Hauptfigur sich ständig „die Lippen befeuchtete“ – ich fand’s eklig.

Das Schwierige natürlich ist, diese Häufungen von Lächeln, Lippenkauen usw. zu entdecken. Aber ist man einmal davor gewarnt, ist man auf der Hut!

Unnötige Synonyme

In der Grundschule bringt man uns bei, dass man nie mehrmals dasselbe Wort verwenden darf, wenn es auch ein Synonym dafür gibt. Manchen Autoren geht dieser Humbug noch jahrelang nach, und fleißig garnieren sie ihre Texte mit den schönsten und abwegigsten Synonymen.

Wenn es vorher nur „Wein“ war, muss es beim nächsten Mal „das fermentierte Blut der Reben“ heißen! Man darf nur einmal im Kapitel das Wort „Blut“ verwenden; bei der zweiten Erwähnung nehme man bitte „der rote Lebenssaft“; was vorher ein „Haus“ war, muss nachher ein „Gebäude“ sein, und so weiter. Ein Kaiser ist ein Monarch, ein Staatsoberhaupt, ein Herrscher und ein Regent. (Wer stellvertretend für den Kaiser dessen Aufgaben ausführt, ist auch ein Regent, aber kein Kaiser.)

Dabei ist nichts falsch an Begriffen wie „Haus“, „Wein“ und „Kaiser“; doch wenn ständig wirre Synonyme ihren Platz einnehmen, wirkt der Text schnell bemüht und verkrampft.

Angst vor der szenischen Tiefe

So gerne Anfängerautoren Frühstückssituationen schildern und entspannende Stunden im Spa-Hotel – so sehr fürchten sie die wirklich wichtigen Szenen. Sobald es spannend wird oder dramatisch, sobald die Leserin sich freut, jetzt gleich in die Handlung hineingezogen zu werden, alles mitzuerleben, als wäre sie dabei – da kneift der Autor und lässt nach ein paar kurzen Sätzen die Szene enden. Es scheint, als befürchte er, wenn er nun detailgenau den Verlauf der epischen Schlacht oder den Ablauf der Verhandlung über Krieg oder Frieden schildere, würde er die Leser langweilen.

Natürlich nicht! Wir lesen Bücher wegen der Konflikte, nicht wegen der plastischen Schilderungen des Alltags. Frühstücken kann jeder; aber nicht jeder ist schon einmal an der Seite von Attila dem Hunnenkönig in die Schlacht geritten oder hat dem Erzbischof von Gran drei Kisten Gold abgeschwatzt. Die Leser sind wegen der großen dramatischen Szenen hier; geben wir ihnen, was sie verlangen! Sie sollen spüren, was die Figur fühlt, sie sollen bangen und hoffen, in der Geschichte versinken und ganz gefesselt sein. Oder wir schreiben alles in auktorialer Erzählweise, mit satirischem Unterton, oder wir schildern alles lapidar, denn manchmal wirkt gefühllose Berichterstattung stärker als alles gefühlsselige Pathos. Ganz gleich, wie wir es umsetzen: Geben wir der Szene Luft! Nur wer feige vor ihr davonkriecht, hat es falsch gemacht.

Der Autor sagt, wie es ist

Anfängerautoren gehen davon aus, dass das geschriebene Wort stärker ist als ein Ziegelstein. Was man Schwarz auf Weiß besitzt, kann man nicht nur getrost nach Hause tragen, sondern das muss man glauben, ohne es zu hinterfragen. In rührendem Vertrauen auf ihre literarische Schöpfungskraft glauben die Anfänger, alles, was sie schreiben, wird der Leser ihnen abnehmen. (Siehe oben, die Ausführung zu intelligenten (?) Figuren). Die Figur ist sympathisch, nett und schön, weil der Autor das behauptet. Die Figur ist der beste Kämpfer, weil die Autorin das behauptet. Sie ist auch eine hervorragende Spionin im Dienste des Kaisers – die Leser sehen sie zwar nie spionieren, aber es wurde ja am Anfang erwähnt, also glauben sie es bestimmt!

Der Autor hängt dem Trugbild an, er habe hochkomplexe, unverwechselbare Figuren geschaffen – in Wirklichkeit hat er nur ein paar Adjektive angehäuft. Zu diesem Pappkameraden, der durch die Geschichte stolpert, passen die Adjektive freilich nicht.

Man sollte den Leser nicht betrügen. Wer den Eindruck erweckt, es ginge in seiner Geschichte um eine unnahbare Königin, die auch Vampirin ist, Kriege gegen die Nation der Werwölfe führt, Englands Kolonialreich zerschlagen will und bereits seit fünfhundert Jahren nach einem Ehemann sucht, der ihre Ansprüche erfüllt (nach der ersten Verliebtheit hat sich jeder potenzielle Gemahl als unzureichend herausgestellt und endete als Hauptgang), und dann tischt er den Lesern die immer gleiche Liebesgeschichte auf, die Vampirin wird zum pampigen Gör, das vor einem eigenschaftslosen Typen dahinschmilzt, blabla … Der muss sich nicht wundern, wenn es den Lesern nicht gefällt. Die Verpackung muss zum Inhalt passen.

Ein Roman ist Arbeit, und Leser sind keine leicht zu beeindruckenden Einfaltspinsel. Leser sind intelligent, sie hinterfragen, sie finden Fehler und Löcher im Handlungsstrang. Geben wir unser Bestes für unsere Leser. Sie verdienen es.

Und zum Schluss: Der allererste Anfängerfehler

Jeder Anfänger durchläuft einmal die Phase, in der er dem soliden Sprecherverb „sagen“ untreu wird. Es gibt ja zig bessere! „Ächzen“ und „nuscheln“, „erwidern“ und „sich erkundigen“, „nachhaken“ und „wissen wollen“, „krächzen“ und „knurren“, „brummen“ und „murmeln“, „lächeln“ (das ultimative Eigentor), „nicken“, „zustimmen“ …

Aber keine Sorge, liebes „sagen“: Irgendwann kommen sie alle wieder zu dir zurück.

Das war’s …

Das waren die Anfängerfehler, die jeder Autor begangen haben muss, ehe er sich weiterentwickeln kann. Denn wie sagte unser großer Goethe: „Stolpern fördert!“

Du wirst, was du schreibst oder Wie das Schreiben Autoren verändert

Autoren – lichtscheue Wesen, die gebückt wie ein brillentragendes Rumpelstilzchen auf ihre Tastaturen einhacken. Introvertierte Träumer, die viel lieber große Kämpfer mit blutiger Streitaxt wären, oder zarte Prinzessinnen, oder zarte Prinzessinnen mit blutiger Streitaxt. Autoren sind doch alle gleich, von der Jugend bis zum Alter. Oder nicht?

Schreiben verändert uns. Nicht nur, dass wir Organisationstalent und Selbstdisziplin entwickeln, Begeisterungsfähigkeit und Durchhaltevermögen – unsere Texte verändern uns noch auf ganz andere Art, auf unheimliche Art: Du wirst, was du schreibst.

Wer sich ganz in seine Figuren einarbeitet, wer sich täglich stundenlang damit beschäftigt, die Welt aus der Sicht eines traumatisierten Cholerikers, einer arroganten Hochsensiblen, einer pedantischen Hochadligen oder eines arbeitssüchtigen Kaisers zu schildern, der nimmt Züge seiner Figuren an. Das passiert ganz von selber, man muss nichts weiter dazu tun. Stundenlang richten wir unsere Konzentration darauf, den erfundenen Charakter erfundener Figuren möglichst glaubwürdig nachzubilden – das färbt ganz selbstverständlich auf uns ab. Wir erfinden spannende Figuren für den Leser, und eignen uns dabei neuartige Denkweisen an. Was wir uns ausdenken, prägt uns, und manchmal auf gravierende Weise.

Ich beobachte dieses Phänomen schon seit längerer Zeit (und es wird von Buch zu Buch deutlicher). Hier eine Liste meiner bisherigen Bücher, und wie die jeweiligen Hauptfiguren während des Schreibens auf mich abgefärbt haben:

Der Kaiser von Huwelreich

Weibliche Hauptfigur: Pedantische Prinzessin, tadellose Manieren, sehr auf Einhaltung der Etikette bedacht, hohe Selbstbeherrschung, sieht anderen etwaige Fauxpas jedoch großzügig nach, charakterlich recht gefestigt

–> Einfluss auf mich: Ich fühlte mich recht gefasst, übte gerne Nachsicht mit den alltäglichen Schwächen der Menschen. Allgemein war ich guter Laune.

Männliche Hauptfigur: Liebeskranker Prinz

–> kein Einfluss auf mich

Die Rose von Huwelreich

Weibliche Hauptfigur: Narzisstische Hochsensible, die meint, sie habe ein schreckliches Leben, so viele Pflichten, keine Freude, versinkt in einem Ozean aus Selbstmitleid, …

–> Dieses Buch zu schreiben war eine Qual, ich musste mich durchkämpfen, manchmal schrieb ich ins Manuskript „Ich hasse dieses Buch. Ich hasse dieses Buch“ …

Männliche Hauptfigur: Arbeitsamer Kaiser, von schlichtem Gemüt, wenig emotionale Tiefe, aber wohlmeinend

–> Diese Szenen waren einfach und schnell und machten Spaß

Der König von Blauwittern

Weibliche Hauptfigur: Traumatisierte, unterdrückte Prinzessin. Glaubt, sie dürfe nicht für sich selber eintreten. Glaubt, sie hat kein Recht auf Respekt

–> Ich bekam Angst vor dem Zorn anderer Leute. Ich gab mir große Mühe, anderen nicht zur Last zu fallen oder ihren Unwillen zu erregen

Männliche Hauptfigur: Wagnerfan und verrückt

–> Ich war schon vorher Wagnerfan, es hat sich nichts verändert
–> Ich war schon vorher verrückt, es hat sich nichts

Wie man einen Kaiser erpresst

Männliche Hauptfigur: Liebenswürdiger Workaholic-Kaiser

–> Ich schrieb dieses Buch in 9 Tagen, auch wenn es hart und anstrengend war, auch wenn während der letzten drei Tage ständig mein Augenlid zuckte und ich keine Freizeit mehr hatte, denn man muss sich durchbeißen!

Weibliche Hauptfigur: Trotziges Dienstmädchen, das eisern seine Träume verfolgt

–> Siehe oben!

Dietrich von Bern

Männliche Hauptfigur: Gemütlicher Held, selbstsicher und selbstgerecht, schleppt noch einen alten Mann mit sich herum, der immer meckert

–> Ich war weder gemütlich noch Held, aber die meckernden Leuten dieser Welt habe ich endlich durchschaut!

Die Antagonisten: Viel toller als der Held, weil intrigant und vom Königshof und so weiter …

–> Es ging mir wunderbar!

Der Kaiser, sein Feind und der Krieg

Auktorialer Erzähler, der mit spitzer Zunge schwadroniert, wie man es im 19. Jahrhundert zu tun pflegte

–> Mir ging es super! Ich bin im tiefsten Innern nämlich ein Bramarbaseur des 19. Jahrhunderts

Der König von Burgund und die Geisel

Männliche Hauptfigur 1: Zweifler, Jammerlappen

–> jeder Satz war eine Qual, jeden Satz musste ich hinterfragen, jede Metapher, es war doch alles schon einmal da, ist das nun Kitsch oder Pathos oder schlecht, so langsam wie hier schrieb ich noch nie, ach Weh, soll ich das nicht doch wieder streichen? Ach, ich weiß auch nicht, und nun will ich eine Pause machen und darob klagen, wie schwer mir heuer das Schreiben fällt …

Männliche Hauptfigur 2: Hart und unbeugsam und eisern und unzerbrechlich und immer aggressiv und gleich auf 180!!!!!

–> Ich biss mich durch, selbst wenn mir die Motivation fehlte! Man muss hart zu sich selbst sein, und ich habe mich geärgert, ständig, ich hätte rasen können, und wenn ich auch müde war, schrieb ich doch noch weiter, sogar beim Sport war ich zäher als sonst, und ich gehe jetzt und erobere ein Land für meinen König – äh – so ungefähr.

Männliche Nebenfigur: Tyrann, grantig, Giftmischer

–> Haben diese Szenen Spaß gemacht! Die gingen schnell, und zack, schon waren sie fertig. Ich habe offenbar ein Talent für Schurken …

Weibliche Nebenfigur: Kleine, intrigante, manipulative Schwester

–> Wie kann man seine Brüder nicht mögen? Blöde Figur. –> Kein Einfluss auf mich.

Fazit:

Was auf mich am meisten abfärbt, ist die Grundstimmung, die ich der jeweiligen Figur zugeordnet habe. Kein Wunder; die Grundstimmung gleicht einem Basso continuo, der immer in jeder Szene mitschwingt. Was die Figuren wahrnehmen, ist durch ihre jeweilige Grundstimmung gefiltert: Wenn ich aus der Sicht eines Hitzkopfs schreibe, schlage ich einen viel aggressiveren Ton an, als wenn ich aus der Sicht einer kühlen Intrigantin schreibe.

Es bleibt festzuhalten, dass diese Beeinflussung meiner persönlichen Stimmung von Buch zu Buch zunimmt. Gerade das aktuelle Projekt ist wirklich krass, es wechseln sich Tage voller Unentschlossenheit und Selbstzweifel ab mit Tagen des Durchbeißens, mir wächst Entschlossenheit zu, wie ich sie noch nie gekannt habe, und die wenigsten wissen das, aber in mir drin steckt ein mächtiger Choleriker, und der will platzen!

Wie geht es euch? Habt ihr schon einmal etwas Ähnliches bei euch beobachtet?

 

Titel-Casting: Das große Finale!

Heute ist es soweit: Wir enthüllen den Titel für meinen neuen Roman! Ab heute wird das Projekt nicht mehr kryptisch „KvB“ heißen, sondern einen richtigen Namen haben!

Nur noch zwei potentielle Titel sind im Rennen:
Der Kaiser von Berlin
und
Der König von Burgund

Wer kommt auf das Cover meines neuen Romans?

Wovon wird mein neuer Roman handeln?

Der Kaiser von Berlin:

Beinahe hätte das Leben dieses preußischen Prinzen und künftigen Königs gleich am Tag seiner Geburt wieder geendet, denn kaum war er auf der Welt, atmete er schon nicht mehr. Die Hebamme Fräulein Stahl war es, die ihm mit einem Handtuch so kräftige Schläge gab, dass er wieder zu Bewusstsein kam.
Der Arzt hatte bei der schweren Geburt Wilhelms linken Arm irreparabel verletzt – der Arm blieb sein Leben lang verkürzt, selbst eine normale Benutzung von Messer und Gabel war Wilhelm nicht möglich.

Seine narzisstische Mutter verzieh ihm diesen Makel nie, und bestrafte alle kindliche Zuneigung mit Bitterkeit und Kritik. Noch Jahre später erzählte Wilhelm dem russischen Außenminister, dass ihn seine Eltern nie geliebt hatten. Der russische Außenminister war weniger mitfühlend als vielmehr befremdet.

Seine Großeltern väterlicherseits hatten ihn dafür umso lieber, denn sie waren keine Geringeren als Wilhelm I. und Augusta, Kaiser und Kaiserin des Deutschen Reiches.

Am 15. Juni 1888, nach dem frühen Tod seines schwerkranken Vaters, bestieg Wilhelm im Alter von 29 Jahren den Thron. An seiner Seite: Fürst Otto von Bismarck, Kanzler und Genie, Architekt der deutschen Einheit von 1871 und Meister der Bündnispolitik. (Nach anderer Lesart: „Dämon“, Unterdrücker und Kriegstreiber, Machiavellist und Ränkeschmied.)

18. März 1890: Nach verschlungenen Intrigen wurde Bismarck nahegelegt, sein Rücktrittsgesuch zu verfassen. Das letzte. (Es war das einzige von mehr als einem Dutzend Rücktrittsgesuchen, das angenommen wurde.)
Als „Alter im Sachsenwald“ wütete er fortan gegen den Kaiser, legte testamentarisch fest, dass auf seinem Grabstein nur „Fürst von Bismarck, ein treuer deutscher Diener Kaiser Wilhelms I.“ stehen sollte, und veröffentlichte in einer ihm treuen Hamburger Zeitung geheime Staatspapiere. Man wecke niemals den Zorn eines Bismarck!

Wilhelm II. ließ das Bündnis mit Russland auslaufen, band sich noch enger an Österreich-Ungarn, schickte Transvaals Ohm Kruger ein Glückwunschtelegramm zur erfolgreichen Zurückschlagung des Jameson-Raids, wurde daraufhin von den internationalen Medien verdammt für die Beglückwünschung; stieß mit seinen Reden Leute vor den Kopf, erklärte seinen Soldaten gleich nach der Thronbesteigung, dass sie im Falle eines Falles selbst auf ihre Väter und Brüder schießen müssten; war Wagnerfreund, gewann Kolonien; er verhinderte nicht den Völkermord an den Herero und Nama, er entsetzte die Weltöffentlichkeit mit der Hunnenrede, er war ein Jäger furchtbaren Ausmaßes, er kümmerte sich nicht um Standesschranken; als er einmal bei einem Besuch in Deutschlands Osten erfuhr, dass ein Dorf drüben in Russland völlig niedergebrannt war, fuhr er kurzerhand hin und schenkte den obdachlosen Bauern Geld für den Wiederaufbau; in der Weihnachtszeit schritt er mit dem weißen Mantel und dem Adlerhelm auf dem Kopf durch Berlins Straßen und verteilte Geld an Arme, und er erklärte noch im Exil: „Ich habe den Krieg nicht gewollt.“

Vielfältig interessiert, sprunghaft und intelligent – er entwarf Uniformen, leitete Ausgrabungen, malte und zeichnete, entwarf eine Eschenbach-Statue für das Wagnerdenkmal in Berlin, schrieb Bücher, erfand die Wattestäbchen, führte Wetterbeobachtungen, dirigierte, ohne Dirigieren gelernt zu haben, wusste alles über Schiffe, wollte „sein eigener Bismarck“ sein, und im Kriege wurde er immer mehr zu einem Schattenkaiser, an die Wand gedrängt von der mächtigen OHL. Über seine Rolle beim Ausbruch des Weltkrieges wurden schon tausende von Seiten geschrieben, und noch immer besteht kein Konsens unter den Historikern. Er träumte noch im Exil davon, dass er wieder zurück auf den Thron gelangte, und sah schon seine Chancen steigen mit einer neuen aufsteigenden Partei – zumal einer der Partei-Granden ihm versicherte, sie wollten die Monarchie wiedereinführen. Wir wissen, was geschah, und auch Wilhelm erkannte, dass keine Aussicht auf Rückerlangung seines Throns bestand. Er empörte sich über die Ereignisse des 9. November 1938, und doch schickte er noch 1941 ein Glückwunschtelegramm zum Sieg über Frankreich. In seinem Namen erschien im Jahre 1938 in einer US-amerikanischen Zeitung ein Interview zu Deutschlands Regierung, in dem Kaiser Wilhelm II. verriet, was er vom Kanzler und Reichspräsidenten hielt: „Nichts.“ „But of our Germany, which was a nation of poets and musicians, of artists and soldiers, he has made a nation of hysterics and hermits, engulfed in a mob and led by a thousand liars or fanatics …“ (Zit. n. Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen „Gott helfe unserem Vaterland. Das Haus Hohenzollern 1918-1945“, München 2003, S. 150)
Für jede Aussage von Wilhelm II. findet man eine andere, die das genaue Gegenteil verkündet. Was er hasste, liebte er, und was er liebte, hasste er. Er machte Scherze und hatte einen gewaltigen Hang zum Aufschneiden, und meinte er wirklich alles ernst, was er sagte? Sein Heer und seine Marine bereiteten ihm riesige Freude – aber wollte er sie wirklich einsetzen? Manchen schien es, als freue er sich daran wie ein Kind, das sein Spielzeug nicht kaputtmachen will. Hat er den Krieg gewollt? War es ein Präventivkrieg, lange geplant im deutschen Generalstab? Schlitterte Wilhelms Deutschland wie alle anderen ungewollt in einen Weltkrieg? War er unzurechnungsfähig? War er eiskalt und berechnend? War er überfordert mit seinem Amt? War er ein Schurke, der seine narzisstische Wunde mit Weltherrschaftsplänen zu heilen trachtete, oder war er eine tragische Gestalt, im Herzen ein schwacher Monarch, hinter dessen Pomp und Gloria nur ein Junge kauerte, der geliebt werden wollte? Können wir ihn je verstehen, durchschauen? Konnte er es denn selber?

Der König von Burgund:

Gunther von Burgund gilt allgemein als schwacher Monarch. Er steht im Schatten seines übermächtigen Lehnsmanns und Beraters, und seine herausragende Eigenschaft im Nibelungenlied ist die Wankelmütigkeit. Aber er ist auch durchaus liebenswürdig, will eigentlich mit allen gut Freund sein, mehrt gerne den Reichtum Burgunds, verschließt sich mit Vorliebe der Realität, und ist ganz schön intelligent, denn er liefert sich mit Hagen ein paar der besten Wortwechsel des Epos, voller Subtext politischer und persönlicher Natur. Subtext ist super. Eigentlich ist Gunther ganz Gentleman, denn bei der Donauübersetzung spricht ihn Hagen missgelaunt mit „Du“ an, und Gunther bleibt respektvoll beim „Ihr“. Kritik durch vorbildliches Verhalten – das ist die feine rheinische Art.
In der Lesart aller Leser sind seine Kampfkünste nur solala – er übersteht den Kampf gegen die Hunnen, den Brand des Saals, den Kampf gegen Rüdegers Männer und gegen die Männer von Dietrich von Bern, und das über mehrere Tage hinweg. Ich glaube, im Vergleich zu den Wormsern sind alle anderen Helden Weichlinge.

Hagen ist Gunthers treuester Lehnsmann und Berater. Er ist praktisch sein Bismarck. Oder Metternich. Oder Rainald von Dassel. Oder Mercurino Gattinara. – Genug der treuen Monarchisten, Hagen braucht keinen Vergleich. Er ist schließlich der Prototyp des treuen Monarchisten. Er ist viel cooler als die anderen Figuren des Nibelungenlieds, denn er ist treu, klug, listig und ein überragender Kämpfer. Manche sagen, er sei ein Verräter, weil er Siegfried umbringt – aber warum um Himmels willen sollte er einem Kerl treu sein, der nicht sein König ist? Und selbst wenn der Kaiser von China zu Besuch nach Worms käme, müsste Hagen ihm auch nicht treu sein. Er ist, um einen unzeitgemäßen Begriff zu bemühen, Realpolitiker durch und durch. Er ist immer bedacht auf die Ehre des Reiches. Und auf die eigene Ehre, denn wenn jemand seine Ehre zu kränken wagt, stirbt er lieber, als dass er diese Kränkung auf sich sitzen lässt. Er schmiedet gerne Ränke, und in Wagners Götterdämmerung ist er übrigens ein Hobby-Giftmischer und mobilisiert mit Vorliebe das Heer.

Die Handlung des Nibelungenlieds ist ja weithin bekannt. (Tumber Held kommt in die Metropole Worms, führt sich rüpelhaft auf, Wormser beschwichtigen ihn, benutzen seine Heldenkraft als Werkzeug für diverse ehrliche und unehrliche Unternehmungen, tumber Held heiratet Kriemhild, Gunther heiratet Brünhild, Frauenstreit, Wormser bringen Siegfried um aus Gründen der Ehrenrettung der Königin (im Mittelalter brachte man sich schon wegen viel geringerer Vergehen um! Markgraf Ekkehard von Meißen musste sterben, weil er das Essen der Schwestern von Kaiser Otto aufaß!), Hagen versenkt Schatz im Rhein, weil er als der Konservativste aller Konservativen auch nur konservativen Vermögensanlagestrategien vertraut, Kriemhild heiratet Etzel, Kriemhild lädt die Wormser ins Hunnenland ein, Kriemhild lässt 9000 Wormser Knappen umbringen, Hagen bringt Kriemhilds Kind um, Gemetzel bei Etzel, alle sind tot, bis auf die großen Drei, die sterben im Kapitel danach, fertig.) – Den Menschen des Mittelalters gefiel dieses abrupte, mächtige, paukenschlagähnliche Ende aber nicht. Irgendjemand dichtete eine lange Fortsetzung, in der es um die Trauer der Überlebenden geht, um die Beisetzungszeremonien, und in der im Übrigen Kriemhild von aller Schuld reingesprochen wird. (Frag mal einer die Mütter der armen 9000 Knappen.) Nein, nein, die Figuren des Nibelungenlieds sind alle moralisch grau, bis auf die weise alte gute Ute, die Mutter, aber auf weise alte Mütter hört ja nie jemand.

Widmen wir uns lieber der Vorgeschichte der Ereignisse! Den Kampf mit dem Drachen kennt jeder, aber was machten die Wormser früher? Als Siegfried nach Worms gehen wollte, warnte ihn sein Vater vor den gefährlichen Burgunden. Wie kamen sie zu diesem Ruf? Was für Ränke schmiedeten sie, welche Intrigen haben sie ersonnen?

Wir treffen Gibich, den alten König mit der Leidenschaft für Giftanschläge. An seiner Seite sein treuer Berater, der alte Herzog von Tronje, grantig und verlässlich. Er hütet düster ein böses Geheimnis. Wir treffen Otto von Sachsen, den König mit dem Herzen am rechten Fleck und der leeren Schatzkammer. Und wir treffen die prominenten Figuren: Kriemhild, die schon in der Jugend einen Hang zum Ränkeschmieden hat, aber ihre Listen hinter einer lieblichen Fassade versteckt. Gunther, der unglückselige Thronerbe, der beim Turnier immer aus dem Sattel fällt, dessen intellektuelle Neigungen der Vater verachtet, und der zum Ränkeschmied wird, weil er den offenen Kampf nicht wagt. Dabei will er doch nur ein guter König sein, aber seine Furcht vor der Macht ist Schwäche, und Burgunds Fürsten zerfleischen sich gegenseitig wie ein Wolfsrudel. – Und wir treffen auf Hagen, den Verwandten der Königsfamilie, der als Geisel am Hunnenhof leben muss bei König Etzel. Er würde am liebsten Priester werden, denn ihm als Neffe von König Gibich würde einst ein Bistum winken, und Bischöfe sind einflussreiche Besitzer von Grund und Hörigen, Politiker, die man nicht übergehen darf. Das mit dem Priestertum wird freilich nichts, und Hagen wird zum unbeugsamen Krieger. Bis er merkt, dass er auch Talent zur Diplomatie hat, und wer die Zunge und das Schwert zu führen weiß, ist ein gefährlicher Mann … Wir treffen außerdem auf Dietrich von Bern, Walther von Spanien, Volker von Alzey, Giselher und natürlich Gernot, Bischof Gerd von Worms, und das Pferd namens Totenwache ist auch dabei!

Wer kommt auf das Cover meines neuen Romans? Wer ist es?

Wann erfahren wir es?

Sag es uns!

Ich muss die Verkündung des Siegers noch zwanzig Minuten hinausziehen (so gehört sich das bei Castingshows), also machen wir erst einmal ein bisschen Werbung:

General Rudolf von Kückenstaal hat kein Talent zum Schlachtenlenker. Seine Frau Susanna dagegen ist ein Genie im Erstellen von Operationsplänen. Rudolf ist Mitarbeiter im Generalstab, seine Pläne aber stammen von seiner Frau. Dank ihres Talents gewinnt das Kaiserreich Huwelreich seine Feldzüge – doch eines Tages stirbt Rudolf. Das ist nicht nur eine Tragödie für seine Frau, das ist eine Tragödie fürs ganze Kaiserreich: Ohne Susannas Pläne wird Huwelreich seine Kriege wieder jämmerlich verlieren. Doch eine Frau beim Heer, das ist undenkbar … Da beschließt Susanna, den Tod ihres Mannes zu vertuschen und sich als General Rudolf Kückenstaal auszugeben. Es beginnt der größte Skandal, den Huwelreich je erlebt hat.

Der neue verrückte Roman von Lili Vogel erscheint demnächst!

Werbung Ende

Wer kommt auf das Cover – gut jetzt!

Bejubelt mit mir den Sieger:

Es ist „Der König von Burgund“! Exakter Titel: „Der König von Burgund und die Geisel“. Die Wormser haben gewonnen! Juhu!

Und ein Trostpreis für alle, die traurig sind, weil nicht „Der Kaiser von Berlin“ gewonnen hat:
Ich habe bereits ein Buch zum Thema geschrieben. Eigentlich fünf.

Denn Kaiser Johann von Hohenmeiningen ist zu einem Drittel inspiriert von Kaiser Wilhelm I., zu zwei Dritteln aber von Kaiser Wilhelm II., so, wie ihn seine Freunde und Anhänger sahen. Kaiser Johann hat tausend Hobbys, ist immer gut drauf, immer voller Tatendrang, raubt allen anderen den letzten Nerv, Kaiser Johann will jeden Tag Geburtstag haben, immer geliebt sein, aber er würde nie etwas Böses tun wollen. Er ist im Herzen immer Kind geblieben, das spielen will, und im tiefsten Innern hat er nur gute Absichten.

Und noch eine weitere Figur ist von Kaiser Wilhelm II. inspiriert, nämlich Guntram von Friedenfels. (Zu 50 Prozent ist er caußerdem von Franz Joseph inspiriert, und zu ca. zehn Prozent vom Merowingerkönig Guntram, der zum Teil wiederum ins Nibelungenlied einging als Gunther, und meine Figuren sind praktisch alle dieselben.) Der Friedenfelser ist so, wie Wilhelm sein wollte. Folgendes Zitat von Wilhelm ist die Basis seiner beiden literarischen Alter Egos (Zit. n. Michael Balfour, Kaiser Wilhelm II. und seine Zeit, 1979 Frankfurt-Berlin-Wien, S. 272)

„Ich habe mir gelobt, auf Grund meiner Erfahrungen aus der Geschichte niemals nach einer öden Weltherrschaft zu streben. Denn was ist aus den großen sogenannten Weltreichen geworden? Alexander der Große, Napoleon der Erste, alle die großen Kriegshelden, im Blute haben sie geschwommen und unterjochte Völker zurückgelassen, die beim ersten Augenblick wieder aufgestanden sind und die Reiche zum Zerfall gebracht haben.
Das Weltreich, das ich mir geträumt habe, soll darin bestehen, daß vor allem das neuerschaffene Deutsche Reich von allen Seiten das absolute Vertrauen als eines ruhigen, ehrlichen, friedlichen Nachbarn genießen soll und daß, wenn man dereinst vielleicht von einem Deutschen Weltreich oder einer Hohenzollernweltherrschaft in der Geschichte reden sollte, sie nicht auf Eroberungen begründet sein soll durch das Schwert, sondern durch gegenseitiges Vertrauen der nach gleichen Zielen strebenden Nationen, kurz ausgedrückt, wie ein großer Dichter sagt: ‚Außenhin begrenzt, im Inneren unbegrenzt‘.“

Und deshalb erkennt man Züge von Kaiser Wilhelm in allen bis jetzt erschienenen Huwelreich-Büchern: Der Kaiser von Huwelreich, Die Rose von Huwelreich, Wie man einen Kaiser erpresst, Der König von Blauwittern, und im bald erscheinenden „Der Kaiser, sein Feind und der Krieg“. Überall ist Wilhelm dabei.

Das neue Buch aber wird „Der König von Burgund“ heißen, und es bleibt noch viel zu tun! Die dramatischsten Szenen fehlen noch, Feuersbrunst, Kriege, Morde – was es eben so gibt im sagenhaften Mittelalter.

Und hiermit geht das Titel-Casting zu Ende, und ich verabschiede mich für heute, denn ich muss weitergehen ins Hunnenland und nach Worms.