Stufen historischer Bildung

Geschichtswissen ist nicht gleich Geschichtswissen. Wer sich auf dem Gebiet der Geschichte bildet, erklimmt gleichsam eine Treppe. Folgen wir dem Weg eines Geschichtsfreunds/einer Geschichtsfreundin, von den Anfängen im Dunkel des Unwissens über die Nebel des Halbwissens bis hinauf auf den Gipfel!

Stufe 0: Schulgeschichtswissen

Arbeitsblätter und handverlesene Quellentexte sollen den Schülern elementare Kenntnisse über unsere Vergangenheit vermitteln. Große Persönlichkeiten werden heute nicht mehr behandelt, stattdessen liegt das Augenmerk auf den großen Veränderungen, auf den Wischi-Waschi-Themen, „Das Lebensgefühl im Mittelalter“, „Kreativität in der Antike“, „Das Menschenbild in der Renaissance“ – alles Themen, über die man auch ohne Kenntnisse leidlich schwafeln kann. In der Hauptsache, die Schüler können dazu ein Plakat basteln! Bewertet werden dann: Kreativität, Schönschrift, Harmonie der verwendeten Farben.
Mit Lückentexten und selbstgeschriebenen Sketchen lernen die Schüler spielerisch nichts. Viele Epochen werden sträflich vernachlässigt, ganze Jahrhunderte werden ausgelassen, man verwendet fünf Stunden auf die Behandlung der Lehenspyramide (Leseempfehlung, die ein für alle Mal mit der Lehenspyramide abrechnet: „Das Lehnswesen“ von Steffen Patzold), man behandelt die Architektur von Schloss Versailles, das Lebensgefühl im 19. Jahrhundert und Getreideanbau in der Antike.
Spätestens beim fünfzigsten Arbeitsblatt hat so mancher Schüler kapituliert und ausgerufen: „Ich wünschte, es wäre hitzefrei, oder die Feueralarmprobe käme!“

Stufe 1: Allgemeinbildungsgeschichtswissen

Wer danach trachtet, noch mehr über Geschichte zu erfahren, macht sich auf die Suche nach spannenden Büchern oder interessanten Dokumentationen. Populärwissenschaftlich? Was soll das denn bedeuten? Dieses Buch mit dem bunten Titelbild ist von einem Journalisten geschrieben, dann muss es doch gut und fundiert sein!
Allgemeinbildungsgeschichtswissen ist schnell zu erreichen, ist Wissen to go, und ist kaum mehr als Nichtwissen. Allgemeinbildungsbücher oder ähnliche Darstellungen verfälschen durch gut gemeinte Vereinfachung, sitzen den alten, lang schon tradierten historischen Mythen auf, und erwecken den Eindruck, Geschichte sei einfach, über die Menschen von früher könne jeder richten, wenn er nur ein Buch durchgeblättert hat, und heute wissen wir ohnehin alles besser.
Doch mit Allgemeinbildungswissen über Geschichte kann man mit den anderen allgemein Gebildeten nette historische Gespräche führen, weil alles durch jahre- bis jahrhundertelange Kolportation stromlinienförmig abgeschliffen ist. In dieser Stufe des Geschichtswissens denkt man dann: „Boah! Ich bin voll gebildet! Ich kenne den Nikolaus II., und den Prager Fenstersturz kenne ich auch! Juhu!“

Stufe 2: Geschichtswissen über die Allgemeinbildung hinaus

Das geht nur nach eingehender Lektüre, und unterscheidet sich von Stufe 1 dadurch, dass man dann auch noch amüsante Anekdoten zum Besten geben kann, die Leute aus Stufe 1 noch nicht kennen. Außerdem bemerkt man, dass man doch noch nicht alles wusste. Man denkt dann: Nikolaus II.? Zar oder Papst? Prager Fenstersturz? Welcher denn? Beim ersten gab es leider einige Tote, beim zweiten nicht, und der Schreiber wurde sogar geadelt und hieß danach „von Hohenfall!“ Moltke! Welcher? Der Ältere?

Stufe 3: Erweitertes Geschichtswissen

Wer Bücher und Bücher und Bücher von allen Seiten, und Parteiungen, und Staaten, und Meinungen usw. liest, aber nur bitte von Professoren geschrieben, wer für seine zerlesenen populärwissenschaftlichen Bücher nur noch ein mattes Lächeln übrig hat, (wenn Fachfremde über Geschichte schreiben, na, das kann ja auch nichts werden) wer von historischen Romanen schlechte Laune bekommt, und wer bei den netten historischen Tischgesprächen nicht mehr mitmachen kann, weil man ihn sonst als Besserwisser verschreien würde: Der hat Stufe 3 erreicht.
„Nein! Nein! Bismarck wurde nicht am 22. September zum Ministerpräsidenten ernannt! Nur zum interimistischen Vorsitzenden des Staatsministeriums! Ministerpräsident erst am 8. Oktober. – Sisi! Schweigt mir von Sisi! Märchenkaiserin! So ein Schmarrn! Sie entfloh ihren Pflichten wie keine andere! – Was? Chlodwig I. war der erste Germane, der sich katholisch taufen ließ??? Unsinn! Er ließ sich taufen, weil Avitus von Vienne (römischer Abstammung) und vor allem Chlodwigs Frau Chrodechilde, Burgunderin, ihn immer baten, dass er sich ihrer Religion anschließen möge. Sind Frauen etwa keine Menschen?!?“ (Eine hochinteressante These über die ersten katholischen Germanen steht übrigens in Reinhold Kaiser: Die Burgunder, Kohlhammer-Verlag.)

Stufe 4: Deprimierendes Geschichtswissen

Plötzlich entdeckt man sogar in den Büchern der Koryphäen Fehler, sobald diese sich über ihre Fachgebiete hinauswagen. Man weiß, dass Friedrich III./I. zwar König IN Preußen, aber nicht VON Preußen war, aber dass der Friedrich II. schließlich König VON Preußen wurde, als er beschloss, dass außer ihm keiner den Unterschied merkt. –> Wer jetzt „Hä?“ denkt, hat die Stufe noch nicht erreicht.
„Es gab keine Lehenspyramide! Lehen sind nicht an Land geknüpft! Lehen sind manchmal auch an Esel geknüpft, wie damals in Darmstadt!“

Stufe 5: Obsessionelles Geschichtswissen

Man kann nicht pro Thema ein Buch lesen. Man möchte in die Frankfurter Nationalbibliothek einziehen. Man merkt sich Arzttermine anhand der damit zusammenfallenden Geburtstage historischer Personen.  Irgendwann kennt man alle, sogar den Schwager von Richard Wagner, das war nämlich der Brockhaus. Und der Schwiegervater vom Wagner hatte was mit der ehemaligen Geliebten vom Opa von Ludwig II. Man kennt sogar die Verwandtschaftsbeziehungen der heutigen Hochadligen, ohne dass man je ein Friseur-Heft gelesen hat.
Man verschweigt, wie viele Bücher über Geschichte man wirklich besitzt. Wie denn sollte man diesen geschichtsfernen Geistern erklären, dass man mit 3 Bismarck-Biographien nicht glücklich werden kann, mit 13 auch nicht, es muss schon die 20 vollgemacht werden?

Stufe 6: Transzendentales Geschichtswissen

Ist man auf der Stufe der wissensmäßigen Vervollkommnung erst dem Gipfel ausreichend nahegerückt 1077 Canossa Versöhnungsmahl am 28. Januar, so gehen gar wundersame Dinge 1. April 1815 Bismarck im Kopfe des Forschenden vor sich, denn, wer immer strebend sich bemüht, 1085 gestorben Gregor VII. in dessen Hirn werfen sich von Zeit zu Zeit gar all zu giftige Blasen auf, denn jeder soll nach seiner Facon selig werden 1786 17. August stirbt Alter Fritz Zahlendreher in der Jahreszahl Uraufführung Götterdämmerung dass der Papst Könige absetzen darf I have a dream Viribus unitis Plus ultra Et après, Sire? Und dann sind wir tot Revindikation der Lehen Seid ihr nicht meine Römer Der Poldl hat an Buam Herrlichen Zeiten führe ich kam sah siegte Synode von Sutri Konkordat von Westminster Kappeler Milchsuppenessen Wormser Reichstag  … 1339 1453 436 1871 22. Mai 1813 1886 11.01.1980 %$! …
Manche nennen es Wahnsinn.

Neues Projekt DvBMA

Nach mehreren Romanen, die im 19. Jahrhundert spielen, geht es jetzt in meine andere Lieblingsepoche: Ins (Posaunenstöße bitte) Hochmittelalter!
Hochmittelalter mit Fantasy-Elementen. Es spielt nicht in der Welt von Huwelreich.

Das neue Projekt schwirrte mir schon lange im Kopf herum, und wenn ein Projekt zu lange ungeschrieben bleibt, bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Und dieses hier, mit dem Arbeitstitel DvBMA, ist zudem das Lieblingsprojekt meiner besten Testleserin. Da ist es höchste Zeit, dass ich mich an die Arbeit mache!
Außerdem werde ich bei diesem Projekt öfter über den Schreibfortschritt berichten.

Die Anfangsszenen sind bereits geschrieben. Wie immer gibt es auch hier mehrere Perspektivträger. Einer davon ist eine besondere Herausforderung: Er ist kein Kaiser! Das wird schwierig. – Spaß beiseite, die Hauptfigur ist ein starker Ritter und Held. Er ist kein arbeitsamer Landesvater wie Guntram und kein versponnener Träumer wie Gottfried von Blauwittern. Er ist vernünftig, selbstsicher, steht fest auf dem Boden der Tatsachen, hat Humor und findet sich großartig. Frauen finden ihn auch toll. Und seine Schwächen? Er ist bisweilen zu selbstsicher, und er hat eine dunkle Vergangenheit. Er ist nämlich ein gestürzter König!

Und es spielen meine beiden literarischen Lieblingsfiguren mit! Die zwei, die ich noch mehr mag als Guntram und Eisenbiss! Der eine von beiden ist humorlos, sagt, wo’s langgeht, und ist ein ziemlicher Intrigant. Der andere ist humorlos, lässt sich gerne sagen, wo’s langgeht, und alle halten ihn für so ungefährlich, dass sie gar nicht merken, dass auch er ein Intrigant ist.

Außerdem gibt es noch diverse Nebenfiguren, zänkische Prinzessinnen, grantige Alte, einen Poeten und einen Zwerg.

 

Wie man einen Kaiser erpresst

Das neue Buch ist da! Ein Kurzroman aus Huwelreich!

Steffi Grillenhofer wollte immer schon Dienstmädchen am Kaiserhof werden. Als ihr Traum in Erfüllung geht, ist sie überglücklich, denn sie liebt den Kaiser schon, seit sie denken kann. Doch der Kaiser hat es sich in den Kopf gesetzt, eine Prinzessin zu heiraten. Um ihre Liebe zu retten, greift Steffi zu einem ungewöhnlichen Mittel …
Ein Kurzroman aus der Welt von Huwelreich, mit einem Dienstmädchen, Kaiser Guntram von Friedenfels und Fernanda von Hohenmeiningen im schönen Gutensaat.

Projekt „Dienstmädchen“ beendet

Der neue Kurzroman hätte am 13. Februar beendet sein sollen. Nur 9 Tage hätte das Projekt dauern sollen. Und die Frage ist: Habe ich das geschafft?

Ja! Gestern bin ich pünktlich fertig geworden. Ganz ehrlich, ich war mir nicht sicher, ob es gelingen würde. Aber jetzt ist es fertig, hurra!

Natürlich muss ich nun wieder alles abtippen. Als Nächstes braucht das Buch ein Cover, und dann wird es schon bald veröffentlicht. Und es geht um Liebe, und es treten ein paar neue Figuren, aber auch ein paar altbekannte auf. Was außerdem darin vorkommt: Kronleuchter, Staubwedel, ein Ball zum Tanzen, Kaiser Johann, ein Gehstock, Eisenbahnschienen und eine Prinzessin.

Projekt „Dienstmädchen“

Projekt „Dienstmädchen“ schreitet voran. Morgen erreiche ich voraussichtlich die 50 %-Marke. Besonders freut mich, dass ich auch gestern mein Schreibpensum erfüllt habe, und das, obwohl mir der Abend diesmal nicht zum Schreiben zur Verfügung stand. Ich musste nämlich den Wiener Opernball schauen! Schön war’s, so inspirierend! Besonders gefällt mir die Wiener Staatsoper selber, die ist herrlich.

Und: In „Projekt Dienstmädchen“ gibt es eine Ballszene! Mit Kronleuchter und Kaiser und allem, was dazu gehört. Wobei der Kaiser weniger tanzt als vielmehr flirtet!

Neues zu „Der König von Blauwittern“ und neues Projekt

Das Manuskript „Der König von Blauwittern“ ist vollständig abgetippt! Alle 128.000 Wörter.
Nun geht es in die Überarbeitungsphase. Zudem habe ich mit einem kleinen neuen Projekt begonnen: Eine Huwelreich-Novelle über ein Dienstmädchen. Und als Schwierigkeit habe ich mir eine knallharte Deadline gesetzt: In neun Tagen muss das Manuskript fertig sein. Begonnen habe ich am Montag. Der Endtermin ist der 13. Februar, Wagners Todestag. Der tritt zwar im neuen Projekt nicht auf, auch nicht als Deodonatus Karrenbauer, aber dafür kann ich mir den Termin bestens merken.

Ich bin schon ganz gespannt, ob ich meine Deadline einhalten kann. Die ersten zwei Tage lief das Schreiben sehr gut, heute allerdings spielt meine Gesundheit nicht richtig mit. Ich hoffe, das legt sich wieder, sonst werden die nächsten Tage ziemlich zäh.

Das neue Projekt „Dienstmädchen“ spielt im Frühling in Gutensaat. Es wäre schön gewesen, wenn passend dazu der Frühling sich auch bei uns blicken ließe, aber der ziert sich noch.

Selbstverständlich treten im neuen Projekt wieder alte Bekannte auf, und es gibt dieses Mal sehr wenig Politik. (Schaaaade …) Aber ich wollte herausfinden, ob ich auch Geschichten ohne Staatsstreiche schreiben kann …

Bis auf bald

Lili Vogel

 

 

König von Blauwittern Manuskript abgeschlossen

„Der König von Blauwittern“ ist fertig geschrieben!

Es war wieder alles dabei: Kämpfe um den Thron, Intrigen, Irrenhäuser, Jagdszenen, ein König auf der Suche nach einem Bräutigam für seine Ex-Verlobte, Huwelreich, Feuerburg, Blauwittern, teure Schlösser, bankrotte Könige, Kanzler Eisenbiss, Kaiser Johann, die Friedenfelser, Karrenbauer …

Und es war zeitweilig sehr anstrengend. Humorvolle Szenen machen viel mehr Spaß; aber nur Humor allein ergäbe bei mir einen sehr lahmen Plot. In manchen Szenen stieg ich in die täglichen Abgründe der menschlichen Psyche hinab, das hat mich ziemlich ausgelaugt. Aber ohne Bösewicht keine Spannung, da muss man als Autorin eben durch!

Und da ich ja in der Vergangenheit lebe und wie anno dazumal noch von Hand schreibe, habe ich die nächsten Tage das fragwürdige Vergnügen, fünf DIN-A4-Blöcke ins Notebook zu tippen. Dann lasse ich das ganze Manuskript eine Weile lang liegen, ehe ich es überarbeite.

Bild erstellt mit Pablo.buffer.com

Weihnachtsgeschenk 2017

Dieses Jahr gibt es eine Kurzgeschichte zu Weihnachten: „Huwelreich – zwei Jahre später“ spielt nach der Handlung von „Der Kaiser von Huwelreich“. Wir erfahren, wie es weitergeht, welche Neuigkeiten es aus Huwelreich und Aarenland gibt, und was sonst noch los ist. Und es wird ein bisserl romantisch, versprochen!

Huwelreich – zwei Jahre später

Ich wünsche alle Leserinnen und Lesern frohe Weihnachten/frohe Feiertage!

Eure Lili Vogel

Vorweihnachtszeit

Zu Weihnachten gibt es ein Geschenk für alle Freunde meiner Bücher. Es wird hier auf der Seite veröffentlicht. Es ist ungefähr 1600 Wörter lang und, ja, es wird sogar romantisch.
Mehr wird noch nicht verraten! 🙂

Ich war Papagei des Kaisers

Die Lebenserinnerungen des Schwarzköpfchens von Kaiser Johann

Ein aarenländischer Bestseller

An dieser Stelle möchte ich euch ein Buch vorstellen, das seinerzeit sogar den aarenländischen Bestseller „Gedanken und Erinnerungen und Rücktrittsgesuche“ von Kanzler Fidelius von Eisenbiss vom ersten Platz der Bestsellerlisten gestoßen hat.

In „Ich war Papagei des Kaisers“ schildert Schwarzköpfchen Friedrich der Schöne seine Erlebnisse am aarenländischen Kaiserhof. Als Obersthofpapagei residierte er in einem prächtigen Vogelbauer im kaiserlichen Wohnzimmer. Immer wieder durfte er auch anderen Räumen einen Besuch abstatten. Er war Teilnehmer an der großen Antrocuna-Konferenz und Augenzeuge so manchen Streitgesprächs zwischen Kaiser und Kanzler. Es heißt, seine enthusiastischen Zwischenrufe hätten maßgeblich zur raschen Einigung beim Donnerhaller Kongress beigetragen (angeblich habe der isolanische Premier sogar ausgerufen: „Ich sage Ja zu allem, wenn ich nur endlich diesem schreienden Vogel entkomme!“).

Weniger bekannt ist Friedrichs Beitrag zur Einführung der ikonischen Adlerhelme des Garderegiments: Tatsächlich hat für den auf dem Helm thronenden Adler eben kein mächtiger Raubvogel Modell gestanden, sondern Friedrich! Nur er war im Stande, in seiner Pose Grazie, Anmut und Glorie zu vereinen, wie man es von einem Wappentier erwartet. Erst im Nachhinein versah der Bildhauer die Skulptur mit den typischen Merkmalen eines Adlers. Als man zur Enthüllung des ersten neuen Adlerhelms auch Friedrich und seine Gattin Elisabeth einlud, erschreckten sich beide so sehr an der Skulptur, dass sie sich in eine Käfigecke flüchteten und sich erst wieder beruhigten, als man sie in ein anderes Zimmer trug.

Auch Friedrichs technischen und ballistischen Forschungen ist ein ganzes Kapitel seiner Autobiographie gewidmet. Er berechnete mit Vorliebe Flugkurven von Körnern und stellte Studien zur Schwerkraft an. Wie alle flugfähigen Vögel war das Konzept des Fallens und anschließenden Liegenbleibens von Gegenständen für ihn ein Buch mit sieben Siegeln. Um es mit seinen Worten zu sagen: „Warum fliegt die Wasserschüssel nicht einfach wieder hoch, nachdem ich sie heruntergeworfen habe?“ Nach zehnjähriger Forschung kam er zum Schluss, dass manche Dinge, wie z. B. Beeren, Körnerschalen und Zweigstücke, zu faul zum Fliegen sind, Schüsseln dagegen verlässlich von Dienern oder gar dem Kaiser persönlich wieder aufgehoben und an ihren angestammten Platz gehängt werden. Seine bahnbrechenden Erkenntnisse werden wohl noch viele Vogelgenerationen lang ihre Gültigkeit behalten, und wenn in zweihundert Jahren die Vögel die Schwerkraft entdecken und als Resultat dessen die Weltherrschaft übernehmen, wird man stets daran erinnern, dass es Friedrich gewesen ist, der diese mächtigen Veränderungen ermöglicht hat! (Denn dass eine Weltherrschaft der Unzertrennlichen, zu englisch/isolanisch „Lovebirds“, nur Segen und Liebe bringen wird, ist selbstverständlich.)

Legendär war auch Friedrichs Musikgeschmack. Er und seine Gattin Elisabeth waren, ganz wie es sich für Hofwürdenträger gehört, stets höfliche Zuhörer bei jeder musikalischen Darbietung. Absolut begeistert waren sie jedoch von Triangeln und pfeifenden Dienstmädchen. Dann sangen sie aus voller Kehle mit und scheuten keinerlei Dissonanz. (Man munkelt, die huwelreichische Kaiserin Valerie habe sich bei einem Besuch am Donnerhaller Hof wegen der musizierenden Obersthofpapageien einen Tinnitus geholt. Aber Johann konterte einen derartigen Vorwurf des huwelreichischen Gesandten lapidar mit: „Die Valerie bekommt sogar von fallenden Schneeflocken einen Hörsturz!“)

Auch mit bedeutenden Regierungsaufgaben wurde das Obersthofpapageienpärchen betraut, so übergab Johann ihnen die Aufgabe, wichtige Dokumente, die in keine anderen Hände gelangen durften, zu  entsorgen. Federführend war hierbei Papageiin Elisabeth, die mit vorbildhafter Hingabe alle Dokumente zernagte. Eisenbiss schlug Johann einmal vor, er solle die Dokumente doch lieber verbrennen statt sie zerreißen zu lassen, aber Johann erwiderte, seine Vögel seien völlig vertrauenswürdig, und außerdem könnten sie weder sprechen noch lesen, also bleibe alles streng geheim.
„Und was ist mit den Bediensteten, die den Käfig säubern?“, fragte Eisenbiss. „Die könnten doch die Schnipsel aus Sand und Körnerschalen extrahieren, wieder zusammensetzen und an unsere Nachbarländer weiterleiten.“
„Ach“, sagte Johann, „das fürchte ich nicht. In diesem Käfigboden wühlt keiner herum, und wäre er ein noch so zäher Spitzel!“

Jeden Abend verabschiedete sich Johann von seinen Vögeln und gab ihnen noch jeweils einen Sonnenblumenkern. Dabei sagte er immer: „Gell, ihr zwei, ihr bleibt mir noch lange erhalten!“ Die Schwarzköpfchen haben immer dazu genickt.

Gemeinsam mit der Schriftstellerin Juliana Loca hat Friedrich seine Erinnerungen festgehalten. Da er nicht schreiben kann, konnten keine signierten Exemplare verkauft werden. Stattdessen hatten Leser die Möglichkeit, eines von tausend Exemplaren mit einer echten Feder von Friedrich oder Elisabeth zu erwerben. Beide haben täglich dafür Federn gespendet. Der Erlös aus dem Verkauf der gefiederten Bücher ging an den Verein zur Förderung glücklicher Tiere.

Von der Presse wurde das Buch einstimmig gefeiert. Der Donnerhaller Heerrufer erklärte das Buch „zum bedeutendsten Zeitdokument unserer Generation“, die Gutensaater Spatzenpost schrieb „dieses Buch wird noch in zweihundert Jahren von Historikern herangezogen werden“ und der sozialistische Auf geht’s jubelte: „Ein Papagei macht Weltgeschichte!“